Geowissen

Island: Kein Klimaeffekt durch Vulkanausbruch

Eruptionswolke zu niedrig und zu wenig schwefelhaltig

LIDAR-Messung am MPI-M in Hamburg-Eimsbüttel 16.04.2010: Die Vulkanwolke ist in einer Höhe von 5 - 8 km Höhe zwischen einer hohen Cirrus-Wolkenschicht und niedrigen Wolken zu erkennen. © Max-Planck-Institut für Meteorologie

Die Aschewolken des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull richten zwar Chaos im europäischen Luftraum an, das Klima aber werden sie wohl nicht beeinflussen. Denn dafür, so haben die Messungen von Meteorologen ergeben, ist die Eruptionswolke nicht hoch genug und sie enthält vor allem zu wenig Schwefel, den Hauptauslöser für die abkühlend wirkenden Aerosole.

Von früheren starken Vulkanausbrüchen ist bekannt, dass Eruptionswolken zu einer global messbaren Abkühlung geführt haben. So wurde nach der Eruption des Pinatubo auf den Philippinen im Juni 1991 eine globale Abkühlung von einem halben Grad gemessen. Der Klimaeffekt von Vulkanen hängt jedoch nicht in erster Linie von der Menge an ausgestoßener Asche und Staub ab, sondern vielmehr von der in die Stratosphäre emittierten Schwefelmenge. Und in dieser Hinsicht gehört der Eyjafjallajökull eher zu den kleinen Fischen:

Zu wenig Schwefel

„Der Ausbruch des Eyjafjallajökull vom 15. April wird keine Auswirkung auf das globale Klima haben, da die emittierte Schwefelmenge zu gering ist“, erklärt Claudia Timmreck, Leiterin des Projekts „Supervulkane“ am Max-Planck-Institut für Meteorologie (MPI-M). „Aus Satellitendaten sind 3.000 – 4.000 Tonnen SO2 (Schwefeldioxid) für die Eruption abgeschätzt worden. Der Pinatubo im Juni 1991 hat 5.000mal mehr SO2 emittiert“.

Messungen der Aerosole mit Laser und Sonnenlicht

Um die genaue Höhe und Dichte der Eruptionswolke herauszufinden, führen die Wissenschaftler am Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie regelmäßige Messungen der Aerosoldichte durch. Mit einem Sonnenphotometer messen sie in regelmäßigen Zeitabständen die Abschwächung der Sonne in verschiedenen Bereichen des Sonnenspektrums. Aus diesen Daten lassen sich die Aerosolmenge sowie die mittlere Teilchengröße und das mittlere Absorptionsverhalten in der atmosphärischen Säule herleiten. Diese Messungen sind jedoch nur bei Sonne und Wolkenfreiheit möglich. Der LIDAR ergänzt diese Messungen. Über das Rückstreuverhalten der in die Atmosphäre gerichteten Laserstrahlen können Wissenschaftler hiermit zusätzlich auch die Vertikalverteilung atmosphärischer Teilchen erfassen.

Aerosolbelastung klang schnell ab

Die Messungen ergaben, dass die Aschewolke der Eruption am Morgen und Vormittag des 16. April 2010 in Hamburg eintraf. Die Aerosolbelastung lag dabei um das Fünf- bis Zehnfache über den normalen Werten. Dies wurde auch über Parallelmessungen auf Helgoland bestätigt. Die Teilchen dieser ersten Wolke hatten die Größe von ein paar Mikrometern und waren damit relativ groß für Aerosole, aber immer noch kleiner als typisch für Wolkenteilchen. Nahezu alle Aerosole fanden sich in wenigen Kilometern Höhe und damit noch weit unterhalb der Stratosphäre, in der sie eine Klimawirkung entfalten könnten.

Schon am Nachmittag des 16. April 2010 registrierten die Forscher kaum noch eine zusätzliche Trübung durch Asche vom Vulkanausbruch. Allein unterhalb von 2,5 Kilometern Höhe gab es weiterhin eine dünne Schicht kleiner Ascheteilchen, die mit der Zeit dann über die nächsten zwei Tage langsam an Höhe verlor und am 19. April 2010 nicht mehr zu erkennen war.

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Eruption unterschiedlich stark

Forscher des Instituts für Weltraumwissenschaften der Freien Universität haben mit einem eigens entwickelten Verfahren ebenfalls Messungen vom Boden aus und per Flugzeug zur Aschewolke durchgeführt. Die Daten zeigen ebenfalls, dass die Aschewolke am Montag, 19. April, und Dienstag, 20. April, nur zwischen zwei und drei Kilometer hoch lag – die Konzentration der Aerosole war am Dienstag jedoch deutlich höher als am Vortag.

„Die Eruption war nicht kontinuierlich, sondern unterschiedlich stark“, erklärt Professor Jürgen Fischer, Meteorologe an der Freien Universität. „Die Luftmassen durchmischen die Aerosole unterschiedlich stark, sodass es zu Schwankungen kommt.“ Die Aschewolke wurde aufgrund westlicher Luftströmungen gen Osten transportiert.

Kein Hinweis auf Ausdehnung in die Stratosphäre

Zusätzlich zu diesen in eher geringen Höhen gemessenen Aerosolen entdeckten die Wissenschaftler des Hamburger Max-Planck-Instituts zwar auch Rückstreusignale in größeren Höhen um zehn Kilometer. Inwieweit es sich dabei nur um hohe Schleierwolken, die so genannten Cirren handelt oder aber um Cirren, die mit Asche verschmutzt und unter Umständen erst durch den Vulkanausbruch entstanden sind, ist aber unklar. Sicher ist, dass ein Rückverfolgen der hohen Signale am 16. April 2010 direkt zu Signalen in einer gleichen Höhe über dem explodieren Vulkan führe. Da der Vulkan nicht nur Asche sondern auch Wasser in die Atmosphäre einbringt, ist nicht auszuschließen, dass auch beobachtete Cirren auf den Vulkanausbruch zurückzuführen sind.

Alles in allem halten die Meteorologen eine Klimabeeinflussung durch den Eyjafjallajökull aber für unwahrscheinlich. Isländische Vulkane können aber durchaus das Klima beeinflussen. Ein historisches Beispiel ist der über eine Periode von fünf Monaten dauernde Ausbruch des isländischen Vulkans Laki in den Jahren 1783-84. Er führte zu einer mittleren Abkühlung von 1,3° C über Europa und Nordamerika und zu ungewöhnlichen Wetterbedingungen im Sommer 1783.

Flugverkehr auf dem Weg zur Normalität

Der Luftverkehr befindet sich inzwischen auf dem Wege der Normalisierung: In Hamburg, Bremen und den beiden Berliner Flughäfen dürfen die Piloten seit heute Morgen wieder im normalen Instrumentenflug starten und landen. Die anderen Flughäfen sollen im Laufe des Vormittags für den Instrumentenflug öffnen. Gestern waren per Sondergenehmigung bereits 800 Maschinen mit zehntausenden von Passagieren per Sichtflug gestartet und gelandet. Die Airlines hatten damit vor allem Urlaubsreisende zurückgebracht.

EU-Kommissionsvizepräsident und Verkehrskommissar Siim Kallas erklärte am Dienstag abend: „Ab jetzt werden wir immer mehr Flugzeuge starten sehen. Das sind gute Nachrichten für Europas gestrandete Passagiere, für die Fluglinien und anderen Wirtschaftssektoren, die hart von der Krise getroffen wurden.“

(Max-Planck-Institut für Meteorologie, FU Berlin, EU, 21.04.2010 – NPO)

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