Vulkanausbrüche in den hohen Breiten haben stärkere und andere Klima-Auswirkungen als angenommen. So war die Ausbruchsserie des isländischen Vulkans Laki im Jahr 1783 Schuld daran, dass Tausende von Kilometern weiter südlich, an den Ufern des Nils, eine große Dürre herrschte und der Fluss extremes Niedrigwasser führte. Das berichten Forscher der NASA jetzt in den „Geophysical Research Letters.
Die Studie liefert neue Belege dafür, dass große vulkanische Eruptionen nördlich des Äquators oft ganz andere Klimafolgen nach sich ziehen als Vulkanausbrüche in den Tropen. „Während umfangreiche Forschungen gezeigt haben, dass Eruptionen in den Tropen das Klima des Nordwinters beeinflussen, zeigt diese Studie, dass Eruptionen in den hohen Breiten Veränderungen in der atmosphärischen Zirkulation im Nordsommer hervorrufen“, erklärt der Leiter der Studie, Luke Oman von der Rutgers Universität in New Brunswick.
Computermodelle zeigen Zusammenhänge
Mithilfe von komplexen Computermodellen, entwickelt am Goddard Institute for Space Studies der NASA konnten die Forscher die Eruptionen des isländischen Laki mit einer ganzen Kaskade von Auswirkungen verbinden, die sich über die Nordhemisphäre erstreckten und die Oberflächentemperaturen änderten, sowie in der Sahelzone Afrikas die Regenfälle deutlich unter den Durchschnitt sinken ließen.
Zusätzlich analysierten die Wissenschaftler die Aufzeichnungen über die Wasserstände des Nils, die bis in das Jahr 622 vor Christus zurückgehen. Rekordniedrigwasser ereigneten sich 1783-84 nach dem Laki-Ausbruch, aber auch 1912, nachdem der Vulkan Katmai in Alaska ausgebrochen war. „Nach unserer Analyse gibt eine weniger als drei prozentige Chance, dass diese Niedrigwasserstände auf eine natürliche Klimaschwankung zurückzuführen sein könnten“, erklärt Oman.
„Diese Erkenntnisse helfen, unsere Prognosen der Klimafolgen des nächsten starken Vulkanausbruchs in den hohen Breiten zu verbessern“, so Oman. „Viele Gesellschaften sind extrem abhängig vom saisonalen Niederschlag und diese Vorhersagen könnten es diesen Kommunen ermöglichen, für die Folgen vorzusorgen, vor allem in Bezug auf die regionale Wasser- und Nahrungsversorgung.“
Aerosole lösten Kälteeinbruch aus
Die Laki-Ausbrüche der Jahre 1783 und 1784 hatten einen deutlichen Einfluss auf das Klima, da sie große Mengen Schwefeldioxid in die Atmosphäre freisetzten. Kombiniert mit Wasserdampf bildete das Gas Aerosole, die die einfallende Sonnenstrahlung abfingen und so die Durchschnittstemperaturen über den Landmassen der Nordhalbkugel im Sommer 1783 um bis zu drei Grad Celsius absinken ließen. Die Untersuchung von Baum-Jahresringen zeigt deutlich reduziertes Baumwachstum. Sowohl in Alaska als auch in Sibirien war dieser Sommer der kühlste der letzten 400 bis 500 Jahre.
Diese ungewöhnlich kalten Temperaturen wiederum reduzierten die Temperaturdifferenz zwischen den Landmassen Eurasiens und Afrikas und dem Indischen und Atlantischen Ozean und schwächten dadurch den Monsun. Fehlt das ausgeprägte Wärme-Gefälle zwischen Land und Meer, bleibt auch der saisonale Meereswind aus, der Feuchtigkeit und damit auch die Regenzeit nach Afrika und Indien bringt. Die Computermodelle zeigen, dass der schwächere Monsun im Sommer 1783 die Temperaturen in der Sahelzone, der arabischen Halbinsel und in Indien um ein bis zwei Grad ansteigen ließ.
Schwacher Monsun – weniger Regen
Gleichzeitig, so die Forscher, reduzierte sich wahrscheinlich die Wolkendecke in diesen Regionen und damit stieg die Sonneneinstrahlung weiter an, Dürren und weiter steigende Temperaturen waren die Folge. Die Simulationen zeigen zudem, dass diese Reduktion auch eine Abnahme der Niederschläge nach sich zog. „Das trockenste Wetter ereignete sich über den Wasserscheiden des Nil und Niger”, erklärt Oman. „Der relative Verlust der Wolkendecke und die höheren Temperaturen verstärkten zudem die Verdunstung und reduzierten damit das verfügbare Wasser noch mehr.“
Tropische Ausbrüche: Folgen global, aber weniger dramatisch
Im Gegensatz zu den Eruptionen des Laki erzeugen Ausbrüche von tropischen Vulkanen zwar auch große Mengen Aerosole, diese werden jedoch hoch in die Atmosphäre hinaufgeschleudert. Dort verteilen sie sich schnell rund um den Globus und dünnen dabei aus. Dadurch lösen sie zwar globale Klimaveränderungen aus, diese sind aber weitaus weniger dramatisch als die Folgen eines Ausbruchs im hohen Norden.
Die Eruption des Pinatubo im Jahr 1991 auf den Philippinen beispielsweise bewirkte durch die abgegebenen Gase eine Erwärmung der oberen Atmosphäre, aber die Aerosole blockten gleichzeitig die Sonnenwärme und lösten eine Abkühlung der Oberflächentemperaturen in den Subtropen aus. Dieses wiederum reduzierte das Nord-Süd-Temperaturgefälle und veränderte dadurch die großräumige atmosphärische Zirkulation. Wärmere Winter in der Nordhemisphäre waren die Folge.
(NASA/Goddard Space Flight Center, 22.11.2006 – NPO)