Klima

Jahrhundertfluten künftig alle zehn Jahre?

Schon bis 2050 könnten extreme Fluten an den Küsten neun- bis 15-mal häufiger werden

Überschwemmung
Schweres Hochwasser in Texas. An vielen Küsten könnten selbst extreme Jahrhundertfluten künftig alle paar Jahre auftreten. © RoschetzkyIstockPhoto/ Getty images

Land unter: Extrem-Hochwasser werden an vielen Küsten schon bald kein Jahrhundert-Ereignis mehr sein. Denn einer neuen Prognose zufolge werden solche Jahrhundertfluten schon im Jahr 2050 alle neun bis 15 Jahre vorkommen – selbst unter gemäßigtem Klimawandel. Bis 2100 könnten sich solche Extrem-Hochwasser sogar jedes Jahr wiederholen, sofern nichts getan wird. Besonders betroffen ist neben den Küsten der USA, Ozeaniens und des Westpazifiks auch die Nordsee, wie Forschende berichten.

Der Klimawandel treibt die weltweiten Meeresspiegel immer schneller in die Höhe. Allein im 20. Jahrhundert sind die mittleren Pegel um rund 15 Zentimeter angestiegen und jedes Jahr kommen fast vier Millimeter dazu. Als Folge stiegen auch die Hochwasserpegel und Sturmfluten laufen höher auf. Besonders davon betroffen sind tropische Küsten und Gebiete, in denen Bodenabsenkung und flaches Terrain die Anfälligkeit verstärken. Einer Studie zufolge leben schon jetzt 250 Millionen Menschen weniger als einen Meter über der aktuellen Hochwasserlinie.

Wie verändern sich Extrem-Hochwasser bis 2050 und 2100?

Doch es könnte noch schlimmer kommen, wie nun eine neue Prognose nahelegt. In ihr haben Georgios Boumis und sein Team von der University of Alabama untersucht, wie sich der sogenannte extreme Meeresspiegel in Zukunft verändern wird. Er bezeichnet den maximalen Pegel, der an einer Küste durch Kombination von Gezeiten, Wetter und mittlerem Meeresspiegelniveau auftreten kann. Auf Basis der Messdaten von mehr als 300 Pegel-Messtationen weltweit ermittelte das Team zunächst, wie sich die Extremhochwasser in den letzten 50 bis 100 Jahren an den betreffenden Küsten verändert haben.

Wiederkehrperioden
Die Punkte markieren die Verkürzung der Wiederkehrperioden für Jahrhundertfluten bis 2050 an verschiedenen Pegelmessstellen weltweit. © Boumis et al. / Earth’s Future, CC-by 4.0

Dann erstellten sie mithilfe eines neuen Modells Zukunftsprognosen für Extrempegel in den Jahren 2050 und 2100 – jeweils bei gemäßigtem Klimawandel (Szenario RCP 4.5) oder einer weitgehend ungebremsten Erwärmung (RCP 8.5). Parallel dazu untersuchten sie, wie oft und stark künftig Jahrhundertfluten auftreten werden – Hochwasserereignisse, die heute im Schnitt nur einmal alle hundert Jahre vorkommen.

Drastische Häufung von Jahrhundertfluten

Das Ergebnis: Schon bis 2050 wird sich die Häufigkeit von Extremhochwassern an drei Vierteln der Küsten signifikant erhöhen. Jahrhundertfluten könnten dann selbst bei gemäßigtem Klimawandel im Schnitt alle 15 Jahre statt alle 100 Jahre eintreten. Geht der Klimawandel ungebremst weiter, kämen solche Extremhochwässer sogar alle neun Jahre vor. Im Schnitt müssen Küstenregionen in rund 25 Jahren mit einer sechs- bis elffachen Zunahme in der Frequenz von Jahrhundertfluten rechnen, so das Team.

„Damit demonstriert unsere Analyse, dass Klimawandel und Meeresspiegelanstieg schon bis 2050 drastische Auswirkungen auf die Häufigkeit von Hochwasser-Extremen haben werden“, konstatieren Boumis und seine Kollegen. Bis zum Jahr 2100 könnten Jahrhundertflut-Pegel ihren Analysen zufolge sogar jedes Jahr erreicht werden. „Wenn die CO2-Emissionen im 21. Jahrhundert weiter unvermindert ansteigen, wird der Meeresspiegelanstieg das Flutrisiko für viele dicht besiedelte Küstenstädte drastisch erhöhen – ganze Küstengemeinden werden unter Wasser stehen.“

Nordsee, USA und Ozeanien besonders betroffen

Allerdings werden nicht alle Regionen gleichermaßen betroffen sein, wie die Analysen ergaben. Besonders deutlich steigen die Extrempegel demnach an der Nordsee, an den Küsten der USA, dem zentralen und westlichen Pazifik und in Ozeanien. Im hohen Norden und anderen polaren Regionen sinken die Hochwasserstände dagegen bisher. Der Grund: Weil dort die auflastenden Eismassen der Gletscher allmählich abschmelzen, hebt sich die Erdkruste und gleicht so den steigenden Meeresspiegel aus.

„Schon jetzt leben mehr als 600 Millionen Menschen in flachen Küstengebieten und ihre Zahl wird sich in Zukunft eher noch erhöhen“, schreiben die Forscher. „Unsere Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit für umfassende Küstenschutzmaßnahmen, die auch die Entwicklung der Extrem-Wasserstände stärker als bisher einbeziehen.“ (Earth’s Future, 2023; doi: 10.1029/2023EF003649)

Quelle: American Geophysical Union

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