Sonnensystem

Junges Eis auf dem Merkur

Erste Aufnahmen von Kratereis deuten auf geringes Alter hin

MESSENGER-Messungen deuteten schon vor zwei Jahren auf Eisablagerungen (gelb) in Kratern am Merkur-Nordpol hin. © ASA/JHUAPL /Carnegie Institution/ National Astronomy and Ionosphere Center, Arecibo Observatory

Eis trotz Sonnenglut: In einigen Kratern des Planeten Merkur gibt es tatsächlich Wassereis. Erste Aufnahmen dieser Eisablagerungen durch die Raumsonde MESSENGER bestätigen nun nicht nur ihre Existenz. Sie zeigen auch, dass dieses Eis noch relativ jung ist und liefern damit wertvolle Hinweise auf seine Herkunft.

Der Merkur ist ein Planet der Extreme: Auf der Tagseite mehr als 400°C heiß, fallen die Temperaturen auf der Nachtseite bis auf frostige minus 180°C. Eine ausgleichende und schützende Atmosphäre fehlt völlig. Umso rätselhafter waren die Signale, die US-Forscher 1991 beim Abtasten des Planeten mit einem Radarstrahl zurückbekamen: Im Inneren einiger großer Krater gab es ungewöhnlich starke Reflexionen, wie sie sonst nur von vereisten Oberflächen bekannt waren.

Konnte sich auch in so großer Sonnennähe Wassereis auf dem Merkur erhalten haben? Spektrometrische Messungen der MESSENGER-Raumsonde der NASA beantworteten vor zwei Jahren diese Frage: An den Polen des Planeten fällt die Sonne offenbar so schräg ein, dass in den tiefen Kratern tatsächlich Wassereis zu finden ist.

Spezielle Lichtverstärkung macht die Strukturen des Kratergrunds im sichtbar (rechts) © NASA/JHUAPL /Carnegie Institution of Washington

Eisablagerungen sichtbar gemacht

Jetzt ist es NASA-Forschern erstmals gelungen, mit Hilfe der Kameras an Bord der Raumsonde Bilder dieser Eisablagerungen aufzunehmen. Dafür verstärkten die Sensoren das schwache Licht, dass von den Kraterwänden auf den Grund zurückgeworfen wird. Im Prokofiev-Krater, dem größten der potenziell eisgefüllten Merkurkrater, wurden so tatsächlich Ablagerungen am Kratergrund sichtbar. „Die Aufnahmen zeigen eindeutig ausgedehnte Regionen mit starker Reflexion“, berichtet Erstautorin Nancy Chabot vom Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory in Laurel.

An anderen Stellen des Kraters ist das Eis von einer dünnen Schicht dunklen Materials bedeckt. Dabei handelt es sich wahrscheinlich um gefrorenes organisches Material, wie die Forscher erklären. Diese organische Schutzschicht könnte auch erklären, warum MESSENGER-Daten verräterische Eissignaturen selbst in den Kratern zeigten, die eigentlich zu warm für dauerhafte Eisschichten sind: Sie isoliert das darunterliegende Eis.

Eishaltige Meteoriten könnten das Wassereis auf den Merkur gebracht haben. Organische Ablagerungen bedeckten dann das Eis und schützten es vor dem Schmelzen. © NASA/JHUAPL

Woher stammt das Merkur-Eis?

Die Funde wecken die Frage, wie alt diese Eisablagerungen sind und woher sie kommen. Entstanden sie schon in der Frühzeit des Sonnensystems und sind daher schon Milliarden Jahren alt? Oder wurden sie erst kürzlich abgelagert und werden möglicherweise sogar ständig erneuert? Die Merkmale des Eises in den Kratern sprechen nach Ansicht von Chabot und ihren Kollegen dafür, dass das Wassereis auf dem Merkur noch relativ jung ist und vielleicht sogar ständig erneuert wird.

Eine mögliche Quelle für das Eis sind Einschläge von eishaltigen Asteroiden oder Kometen auf dem Planeten, wie die Forscher erklären. Solche Einschläge gelten auch als potenzielle Wasserlieferanten für die frühe Erde. „Das genaue Alter dieser Eisablagerungen zu kennen hat daher große Bedeutung auch für das Verständnis darüber, wie Wasser einst auf die terrestrischen Planeten gelangte“, so Chabot. Bisher allerdings lässt sich das Alter des Kratereises nur indirekt, anhand der visuellen Merkmale ermitteln. Ob es wirklich so jung ist, müssen künftige Missionen und Messungen zeigen.

(Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory, 16.10.2014 – NPO)

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