Der Jupiter ist nicht nur der größte Planet des Sonnensystems, er galt bisher auch immer als ein „Wächter“ und Schutzschild des Inneren Sonnensystems gegen Asteroiden und Kometen. Doch eine neue Studie des Einschlagsrisikos verschiedener Himmelskörper für die Erde hat diese Theorie nun entkräftet und ihn stattdessen als Januskopf entlarvt.
Wie Jonathan Horner von der Open University (OU) in Großbritannien letzte Woche im Rahmen des European Planetary Science Congress in Potsdam erklärte, übt der Riesenplanet vor allem auf eine Gruppe von potenziellen Erdbahnkreuzern einen großen Einfluss aus: Die Zentauren, eine Gruppe von Planetoiden, die zwischen den Bahnen des Jupiter und Neptun die Sonne umkreisen. Sie gelten als Reservoir für die Kometen der so genannten „Jupiterfamilie“, zu denen unter anderem der Komet Shoemaker Levy-9 gehörte, der 1994 auf dem Jupiter einschlug.
Fünf Szenarien untersucht
„Die Vorstellung, dass ein jupiterähnlicher Planet eine wichtige Rolle in der Abschwächung des Einschlagsrisikos für potentiell bewohnbare Planeten spielt ist sehr gängig“, erklärt Horner. „Doch es hat in der Vergangenheit nur eine einzige Studie gegeben, und diese hat nur die Risiken der langperiodischen Kometen betrachtet.“ Die Untersuchung des Forschers und seiner Kollegen ist jedoch wesentlich umfangreicher.
Die Wissenschaftler entwickelten ein Computermodell, das die Flugbahnen von mehr als 100.000 Zentauren, Planetoiden, die zwischen Jupiter und Neptun kreisen, in den letzten zehn Millionen Jahren analysiert. Die Simulation wurde für fünf unterschiedliche Szenarien durchgeführt: mit Jupiter, ohne den Jupiter, sowie mit Planeten von jeweils drei Vierteln, der Hälfte und einem Viertel der Jupitermasse. Die Ergebnisse zeigten, dass die zu erwartende Einschlagsrate in einem Sonnensystem mit Jupiter absolut vergleichbar ist mit einem ohne diesen.
Höchstes Risiko bei Planetengrößen kleiner als Jupiter
Interessanterweise jedoch schienen sich Planeten mit Massen kleiner als Jupiter deutlich negativer auszuwirken als die beiden Extreme: In all diesen Fällen stieg die Einschlagsrate von Kometen der Jupiterfamilie auf der Erde an. „Wenn ein Planet von etwa der Masse des Saturn oder ein wenig größer die Stelle von Jupiter einnimmt, dass steigt die Anzahl der Einschläge auf der Erde“, erklärt Horner. „Wenn sich jedoch an dieser Stelle gar nichts befindet, gibt es keinen Unterschied zur jetzigen Impaktrate. Anstatt eines klaren Falles von einem Jupiter als Impaktschutz scheint der Planet mit einer Hand zu geben, mit der anderen zu nehmen.“
Die Ursache dieses Verhaltens liegt in der Ablenkung der Kometen aus ihrem Orbit zwischen Jupiter und Neptun. Ohne Planet an der Stelle des Jupiter werden sie nicht aus ihren Bahnen gelenkt, so dass sie auch nicht Richtung Erde fliegen können. Sitzt jedoch ein saturngroßer Planet an dieser Position, lenkt seine Schwerkraft die Kometen Richtung Erde aus. Im Gegensatz zum Jupiter reicht die Schwerkraft dieses kleineren Planeten aber nicht aus, um diese „Abweichler“ vollends aus dem Sonnensystem heraus zu schleudern. Sie bleiben daher auf ihrer Erdbahnkreuzenden Flugbahn.
Der Jupiter dagegen lenkt die Kometen zwar zunächst Richtung Erde aus und erhöht damit das Impaktrisiko, dafür kann er sie aber dabei auch ganz herausschleudern und senkt so das Risiko für die Erde wieder. Er nimmt damit eine Doppelrolle von Gefahr und Schutz zugleich ein. Im nächsten Schritt wollen die Astronomen nun das Risiko der langperiodischen Kometen untersuchen.
(European Planetary Science Congress, 27.08.2007 – NPO)