Und sie bewegt sich doch: Auch der Jupitermond Europa könnte eine Plattentektonik besitzen – obwohl seine Kruste aus Eis statt Gestein besteht. Denn wenn das normalerweise leichtere Eis Salze enthält, würde dies eine Subduktion ermöglichen und damit das Absinken von Krustenteilen in den subglazialen Ozean. Das legt eine geophysikalische Modellierung nahe. Spannend daran: Eine solche Subduktion könnte potenziellem Leben im subglazialen Ozean Nährstoffe liefern.
Bisher ist die Erde der einzige Himmelskörper im Sonnensystem, der eine Plattentektonik besitzt: An den mittelozeanischen Rücken quillt heißes Gestein in die Höhe und bildet neue Kruste. An den Subduktionszonen sinken die Ränder der ozeanischen Platten wieder in den Erdmantel hinab und schmelzen auf. Dieser ständige Kreislauf lässt nicht nur Kontinente wandern, Gebirge entstehen und Vulkane, er gilt auch als eine geochemische Triebkraft für viele Stoffkreisläufe und sogar das leben.
Verräterische Abbrüche
Doch die Indizien mehren sich, dass es auch auf dem Jupitermond Europa eine Plattentektonik geben könnte. Denn schon länger rätseln Planetenforscher darüber, warum die Eiskruste dieses Mondes so jung ist. Auch die ständige Eisneubildung an den langen Rissen in der Eiskruste gibt Rätsel auf. „Wir haben die Belege für eine Ausdehnung des Eises, daher stellt sich die Frage, wo dieses Material wieder resorbiert wird“, erklärt Brandon Johnson von der Brown University.
Erste Hinweise auf eine Art Platten Tektonik mit Subduktion lieferten bereits im Jahr 2014 bestimmte Oberflächenmerkmale von Europas Eiskruste. So schienen Krustenabschnitte verschoben zu sein, Landschaftsformen wie Grate und Rippen brachen abrupt ab – wie verschluckt.
Eis ist zu leicht und zu porös
Das Problem: Auf der Erde sorgen Dichteunterschiede im Gestein dafür, dass die dichteren ozeanischen Platten an den Subduktionszonen unter die kontinentalen Platten gedrückt werden und in die Tiefe sinken. Doch beim Eis von Europas Kruste funktioniert dieser Mechanismus nicht – denn Eis ist leichter als Wasser.
„Der Dichteunterschied zwischen festem Eis und flüssigem Ozean macht es unmöglich, dass eine Eisschicht in einen Ozean subduziert wird“, erklären die Forscher. Hinzu kommt: Sobald eine Eisplatte nach unten gedrückt wird, erwärmt sie sich und ihre Dichte gleicht sich der ihrer Umgebung an – sie kann daher nicht weiter absinken. Die Eiskruste von Europa ist zudem wahrscheinlich eher porös – was sie noch leichter macht.
Eine Lösung dieses Dilemmas könnten nun Johnson und seine Kollegen gefunden haben. In ihrer geophysikalischen Simulation untersuchten sie, unter welchen Bedingungen die Subduktion einer Eiskruste auf einem subglazialen Ozean doch möglich wäre.
Ist Salz die Lösung?
Das Ergebnis: Ungeachtet von Temperatur, Porosität und anderen Faktoren wäre eine Subduktion auf Europa durchaus möglich. Der entscheidende Faktor dafür wäre die Präsenz von Salzen im Eis. „Wenn wir Salz dazugeben, dann ist das so, als wenn wir winzige Gewichte an der Kruste befestigen würden, denn salziges Eis ist dichter als reines Wassereis“, erklärt Johnson.
Tatsächlich gibt es bereits Hinweise darauf, dass das durch warme Strömungen aufsteigende Wasser des subglazialen Ozeans auf Europa salzhaltig sein könnte. Dort, wo es auf die Eiskruste trifft, könnte es diese mit einem höheren Salzgehalt anreichern, so die Forscher. Auch das in Eisfontänen austretende Wasser könnte salzig sein und die umliegende Kruste salzig machen.
„Futterlieferant“ für außerirdisches Leben?
„Unser Modell zeigt, dass solche Unterschiede im Salzgehalt ausreichen könnten, um eine Subduktion der Eiskruste auf Europa zu ermöglichen“, sagen die Forscher. Allerdings: Bisher weiß niemand genau, wie die Eiskruste chemisch zusammengesetzt ist. „Die Kruste könnte aus fast reinem Wassereis bestehen oder aber einen signifikanten Anteil hydratisierter Salze enthalten“, so Johnson und seine Kollegen.
Sollte es jedoch eine Subduktion auf Europa geben, dann wäre dies auch für die Suche nach Leben auf dem Eismond spannend. Denn Wissenschaftler gehen davon aus, dass die kosmische Strahlung chemische Reaktionen in der obersten Eisschicht auslöst, die diese mit chemischen Verbindungen anreichert – und damit möglichem „Futter“ für Leben. „Wenn es Leben in Europas Ozean gibt, dann könnte die Subduktion es mit Nährstoffen von der Eisoberfläche versorgen“, sagt Johnson. (Journal of Geophysical Research: Planets, 2017; doi: 10.1002/2017JE005370)
(American Geophysical Union, 06.12.2017 – NPO)