Verlorene Welt: Nördlich der Kanarischen Inseln haben Geologen eine versunkene Insel mitsamt Sandstränden und Dünen entdeckt – ein „Atlantis“ der Kanaren. Noch während der letzten Eiszeit ragten die von einem Unterseeberg mit drei Vulkanen gebildeten Eilande aus dem Meer. Sie versanken jedoch, als die Gletscher vor rund 12.000 Jahren schmolzen und die Meeresspiegel anstiegen. Heute liegt der „Los Atlantes“ getaufte Seamount rund 200 Meter unter der Wasseroberfläche und sinkt noch immer, wie das Team berichtet.
Die Kanarischen Inseln sind ein beliebtes Urlaubsziel, aber geologisch gesehen alles andere als idyllisch: Vulkanausbrüche, unterseeische Erdrutsche und Tsunamis haben ihre Geschichte geprägt. Auf den Inseln und am sie umgebenden Meeresgrund liegen zahlreiche, teilweise noch aktive Unterseevulkane. Gespeist werden sie von einem Hotspot, der Magma aus dem tiefen Erdmantel bis in die Erdkruste bringt. Das Archipel bewegt sich mit der Plattentektonik von Südwesten nach Nordosten über den Hotspot hinweg.
Ein Unterseeberg mit drei Vulkanen
Jetzt haben spanische Geologen nördlich der Kanaren einen verlorenen Teil des Archipels entdeckt – eine versunkene Insel. Aufgespürt hat sie das Team um Luis Somoza und Javier González vom Institut für Geologie und Bergbau (IGME-CSIC) mithilfe eines ferngesteuerten Tauchboots. Mit diesem suchten sie in diesem Sommer den Meeresgrund in Tiefen zwischen 100 und 2.500 Metern auf Zeichen hydrothermaler Aktivität und aktive Magmaaustritte ab – potenziellen Gefahren für die Bewohner der Kanarischen Inseln.
Stattdessen stießen sie auf einen großen, zuvor unentdeckten Unterseeberg – einen sogenannten Seamount – mit drei Vulkankegeln. Seine Basis liegt rund 2.300 Meter unter der Wasseroberfläche und hat einen Durchmesser von rund 50 Kilometern, wie die Geologen berichten. Der flache Gipfel des Seamounts mit den Vulkanen liegt jedoch nur rund 200 Meter unter der Meeresoberfläche. Auf ihm sind noch alte Strände, Klippen und Sanddünen erkennbar, wie Somoza berichtet.
Nach der Eiszeit untergegangen
Die Geologen gehen davon aus, dass der obere Teil des Seamounts noch bis zum Ende der Eiszeit vor rund 12.000 Jahren über das Wasser hinausragte und eine oder mehrere Inseln bildete. Damals lagen die Meeresspiegel weltweit weit niedriger als heute, weil ein Teil des heutigen Meerwassers noch in den Eismassen der Eiszeitgletscher gebunden war. Dadurch lagen viele heute versunkene Küstengebiete frei. Die neu entdeckte Kanareninsel könnte zu jener Zeit von Pflanzen und Tieren besiedelt gewesen sein, wie die Geologen erklären.
Als dann die Pegel der Meere wieder anstiegen, versanken die neuentdeckteb Kanareninseln wieder in den Fluten. „Sie waren einst Inseln und versanken dann, wie in der Legende von Atlantis. Sie sinken heute noch immer“, sagt Somoza. Das Team hat den Seamount daher „Los Atlantes“ getauft. Bei ihrem allmählichen Versinken behielten die von den drei Vulkankegeln gebildeten Inseln Teile ihrer Uferformationen, im Laufe der Zeit lagerte sich dann weiterer Sand auf dem Seamount ab.
Gehoben, untergegangen, aufgetaucht und wieder versunken
Ersten geologischen Untersuchungen zufolge entstand der Los Atlantes Seamount schon während des Eozäns vor rund 56 bis 34 Millionen Jahren. Durch vulkanische Aktivität des Hotspots gespeist, hoben sich damals die Inseln über den Meeresspiegel. Als dann die vulkanische Aktivität nachließ, verdichtete die die Lava und Los Atlantes begann allmählich im Meer zu versinken. Erst als die Meeresspiegel während der Eiszeit stark absanken, tauchten die Inseln wieder auf – nur um dann wieder zu versinken.
Die Geologen haben Proben des Seamounts und seiner Vulkane entnommen, die sie nun im Labor genauer untersuchen wollen. Dies soll auch klären, wann genau Los Atlantes entstand und wann die Inseln im Meer versanken. Im nächsten Jahr ist dann eine weitere Expedition zu den versunkenen Inseln geplant.
Quelle: Instituto Geológico y Minero de España (IGME)