Schmelztümpel und dünne Schollen statt dickem Packeis: Das Eis am Nordpol ist in diesem Jahr ungewöhnlich dünn und spärlich – und per Schiff erreichbar. Der Forschungseisbrecher Polarstern konnte deshalb den Pol problemlos erreichen. Am 19. August lag das Schiff auf 90 Grad Nord, umgeben nur von kleineren Eisschollen, auf denen zahlreiche Schmelzwassertümpel von einem intensivem Tauen zeugten.
Es ist inzwischen kaum mehr zu übersehen, dass die Arktis besonders stark vom Klimawandel betroffen ist: Die Erwärmung ist dem globalen Durchschnitt dort um mehrere Grad voraus und das arktische Meereis hat im Juli 2020 erneut einen historischen Tiefstand erreicht. Auch das stabilere, mehrjährige Eis ist inzwischen betroffen. Klimaforscher haben vor kurzem prognostiziert, dass der normalerweise ganzjährig eisbedeckte Nordpol noch vor dem Jahr 2050 im Sommer eisfrei sein wird.

Lockeres Eis und offenes Wasser
Doch wie sich nun zeigt, könnte die Realität die Prognosen sogar überholen. Denn schon in diesem Jahr ist das Meereis rund um den nördlichsten Punkt der Erde ungewöhnlich stark dezimiert. Satellitenaufnahmen zeigen, dass die Eisbedeckung bis jenseits von 87 °Nord überraschend locker ist. Wie es vor Ort aussieht, hat nun die MOSAiC-Expedition mit ihrem Forschungseisbrecher Polarstern in Augenschein genommen.
„Wir waren uns aufgrund der Satellitenbilder zunächst nicht sicher, ob die lockere Eisbedeckung auf Winde und Strömungen zurückzuführen ist und hatten die Befürchtung, ein Wetterwechsel könnte das Eis wieder zusammenschieben“, berichtet Expeditionsleiter Markus Rex vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung. „Das hätte bedeutet, dass wir wie in einer zugeschnappten Mausefalle im Eis eingeschlossen gewesen wären.“