Hecken, Feldraine und kleine Wäldchen stehen im Mittelpunkt eines Pilotprojekts des Umweltforschungszentrums Leipzig-Halle. Die Forscher wollen wissen, welchen Einfluss diese Anpflanzungen auf die Ökologie von Landwirtschaftsflächen haben. Mithilfe einer neuen Software erfassen sie die Auswirkungen auf den Bodenschutz und die Populationen bedrohter Tierarten.
Wenn Gerhard Pflock den Boden auf seinen Äckern in die Hand nimmt, dann rieselt dunkle Erde durch seine Finger: Schwarzerde, der fruchtbarste Boden überhaupt und zum „Boden des Jahres 2005“ gekürt. Für Landwirte wie Pflock ein wahrer Schatz. Doch die fruchtbare Schwarzerde hat auch einen Nachteil: Der Boden wird insbesondere auf großen Ackerflächen ohne schützende Hindernisse schnell vom Wind verweht und vom Wasser weggespült. Der größte Schatz der Börde ist daher von Erosion bedroht. Nun soll das Forschungsprojekt IUMBO (Integrative Umsetzung des multikriteriellen Bewertungs- und Optimierungsverfahrens auf der Querfurter Platte) den Landschafts- und Bodenschutz in solchen Regionen verbessern helfen.
Bördenlandschaft als Projektgebiet
Dazu ziehen das Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle, das Agrarunternehmen Barnstädt (AUB), Wissenschaftler der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg sowie die Softwarefirma OLANIS gemeinsam an einem Strang. Für ein rund 24 Hektar großes Projektgelände auf der Querfurter Platte im südlichen Sachsen-Anhalt entwickeln die Forscher neue Softwaremodelle zur Bewertung der Ackerstrukturen. Verschiedene Kriterien wie Verringerung der Bodenerosion, Erhöhung der Grundwasserneubildung oder Steigerung des Erholungswertes werden in die Entwicklung dieser Landschaftsszenarien integriert.
„Das Problem der Bodenerosion lässt sich durch Strukturen wie Hecken, Feldraine oder kleine Wäldchen sowie agrartechnische Maßnahmen wirksam bekämpfen“, erklärt Projektleiterin Heidrun Mühle vom UFZ die Grundidee. „Der Abtrag von fruchtbarem Boden ist ein Problem mit großer ökonomischer Bedeutung für die Landwirte. An manchen Stellen der Querfurter Platte leuchtet bereits jetzt der Löß ockerfarben durch. Dort ist die Schwarzerde schon abgetragen.“
Bodenschutz und Tierheimat zugleich
Dabei bieten die neuen Grünstreifen vielen bedrohten Tierarten eine Überlebenschance. Dazu gehören der Feldhase, der Rotmilan oder der Feldhamster. Die Zahl der Hamster ist beispielsweise in den letzten Jahren dramatisch zurückgegangen, weil die Tiere nach Abernten des Getreides keine ausreichende Nahrung mehr finden und die Jungen im Hamsterbau verhungern. Ein 20 Meter breiter so genannter Hamsterschutzstreifen aus Gras und Feldfrüchten, die erst später abgemäht werden, soll das künftig verhindern.
Die Erfahrungen aus der Gegend um Barnstädt sind auch für andere Landwirte von Bedeutung. Schließlich ist die Querfurter Platte nicht die einzige Region, die mit diesen Problemen zu kämpfen hat. Auch andere Bördegebiete wie die Magdeburger Börde, die Börde zwischen Hildesheim und Wolfenbüttel, die Soester Börde oder die Kölner Bucht stehen vor den gleichen Herausforderungen. Mehr noch, die Wissenschaftler wollen mit ihrer Methode eine Hilfe für die Planung in anderen Agrarlandschaften geben. Auf diese Weise profitieren Landwirtschaft und Naturschutz gleichermaßen von den Ergebnissen der Forscher.
(Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle (UFZ), 04.10.2005 – AHE)