Umwelt

Keine Entwarnung bei Wildfleisch

Bundesamt für Strahlenschutz ermittelt erhebliche radioaktive Belastung

19 Jahre nach Tschernobyl ist Wildbret noch immer radioaktiv belastet. Das belegt eine vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) in Auftrag gegebene Studie, bei der die radioaktive Belastung von Wildbret, Pflanzen und Böden des Bayerischen Waldes gemessen wurde. „Bei Wildschweinen steigt die radioaktive Belastung seit 1996 sogar wieder an“, sagte der Sprecher des BfS, Florian Emrich, in Salzgitter. Ursache für die vergleichsweise hohe Belastung einzelner Tierarten ist laut Studie die jeweilige Nahrungszusammensetzung und dabei vor allem die radioaktive Belastung einzelner Komponenten.

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Der gemessene Mittelwert der radioaktiven Kontamination von Wildschweinfleisch im untersuchten Gebiet betrug 2004 6.700 Becquerel Radiocäsium pro Kilogramm (Bq/kg). „Damit liegt die durchschnittliche Belastung von Wildschweinen um ein Vielfaches über dem Grenzwert zur Nahrungsmittelvermarktung von 600 Bq/kg Radiocäsium“, so Florian Emrich. Erstmals identifizierten die Forscher dabei die genaue Ursache für die hohe Belastung der Schwarzkittel. Im Gegensatz zu Rehen oder Rothirschen verzehren sie eine spezielle Pilzart, die so genannten Hirschtrüffeln. Diese machen zwar nur sechs Prozent der Nahrungsmittelzusammensetzung bei Wildschweinen aus, tragen aber zu mehr als 80 Prozent der radioaktiven Belastung bei.

Beim Vergleich unterschiedlicher Futterkomponenten übertrafen die Hirschtrüffel mit einem Durchschnittswert von 24.700 Bq/kg Radiocäsium zudem alle anderen Nahrungsbestandteile um ein Vielfaches. Ursache der hohen Belastung: Die unterirdisch wachsenden Hirschtrüffel nehmen das nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl vor allem über Süddeutschland niedergegangene und langsam in tiefere Bodenschichten wandernde radioaktive Cäsium besonders gut auf. „Deshalb ist auch in den kommenden zwei Jahrzehnten nicht mit einem nennenswerten Rückgang bei der Kontamination von Wildschweinfleisch zu rechnen“, so Florian Emrich weiter.

Niedrigere Belastung bei Rehen und Rothirschen

Deutlich niedriger belastet sind dagegen Rehe und Rothirsche. Während bei Rothirschen mittlerweile der gesetzliche Grenzwert für die Vermarktung in der Regel unterschritten wird (2003 überschritt keine Probe den Wert von 600 Bq/kg Radiocäsium), betrug der bei Rehen gemessene Mittelwert 2004 noch 530 Bq/kg, mit deutlich höheren Werten im Herbst. Nach den Modellprognosen kann erst in einem Jahrzehnt damit gerechnet werden, dass bei Rehen die Grenzwerte ganzjährig unterschritten werden. Auch bei Rehen lässt sich die im Vergleich zu Rothirschen höhere Kontamination mit der Nahrungszusammensetzung erklären. Rehe ernähren sich in größerem Maße von höher kontaminierten Grünpflanzen wie Farnen sowie, je nach Jahreszeit, unterschiedlichen Pilzarten.

Mit den Erkenntnissen der Studie kann künftig die potenzielle Strahlenexposition der Bevölkerung durch die Aufnahme kontaminierter Waldprodukte, insbesondere Wildbret, längerfristig und genauer abgeschätzt werden. Die Erkenntnisse werden außerdem bei der Überwachung der Radioaktivität in Lebensmitteln durch die Bundesregierung und die Europäische Union einfließen.

Das BfS rät grundsätzlich, jede Strahlenexposition so gering wie möglich zu halten Die Strahlenexposition durch den Verzehr von Nahrungsmitteln lässt sich durch das individuelle Ernährungsverhalten reduzieren. Wer für sich persönlich die Strahlenbelastung so gering wie möglich halten möchte, sollte deshalb auf den Verzehr von vergleichsweise hoch kontaminierten Pilzen und Wildbret wie aus dem Bayerischen Wald, insbesondere Wildschweinen, verzichten.

(idw – Bundesamt für Strahlenschutz, 25.08.2005 – DLO)

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