Klima

Klima: Erwärmung im Rekordtempo

Menschengemachte Erderhitzung schreitet so schnell voran, wie noch nie gemessen

Die Erde
Der blaue Planet sieht friedlich aus, doch die schneller werdende Erderwärmung ist eine echte Gefahr. © Romolo Tavani/ Getty images

Klimawandel im Turbogang: Die Erderwärmung schreitet immer schneller voran. Mit 0,26 Grad Celsius pro Jahrzehnt haben Klimaforscher aktuell die höchste Rate seit Beginn der Aufzeichnungen ermittelt. Ursache des sich beschleunigenden Klimawandels ist neben anhaltend hohen Treibhausgas-Emissionen auch die abnehmende Luftverschmutzung. Sie hat die Menge kühlender Schwebteilchen in der Atmosphäre verringert. Als Folge dieser Trends ist das 1,5-Grad-Limit der Erwärmung so gut wie überschritten, so das Team.

Im Pariser Klimaabkommen von 2015 wurde beschlossen, die globale Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad, noch besser 1,5 Grad gegenüber präindustriellen Werten zu begrenzen. Maßgebliche Quelle für den aktuellen Stand der Klimaforschung ist der 2021 zuletzt erschienene Bericht des Weltklimarats IPCC der Vereinten Nationen. Doch obwohl Politiker und Klimaorganisationen durchgehend hochaktuelle Informationen als Basis ihrer Entscheidungen benötigen, erscheint der Bericht nur alle fünf bis sechs Jahre – die nächste größere Bewertung findet also nicht vor 2027 statt.

„Zwischenbilanz“ zum IPCC-Bericht

Aus diesem Grund hat ein Team von mehr als 50 Wissenschaftlern um Piers Forster von der Universität Leeds einen Bericht zum aktuellen Zustand des Klimas verfasst. „Die Analyse erscheint zur Bonner Vorkonferenz für den Weltklimagipfel COP29 in Aserbaidschan“, erklärt Koautor Jan Minx vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) in Berlin. „Mit diesem zweiten Daten-Update wollen wir helfen, die Informationslücke zu schließen.“

Um den Vergleich zwischen dem aktuellen Report und den offiziellen IPCC-Berichten zu erleichtern, hielten sich die Forschenden so nahe wie möglich an die Methoden des IPCC-Berichts von 2021. Dabei ermittelten sie auf Basis verschiedener Datensätze unter anderem den aktuellen Stand der Treibhausgas-Emissionen und -Konzentrationen, die aktuelle Energiebilanz der Erde, der Erderwärmung infolge von menschlichen Aktivitäten und das verbleibende Kohlenstoffbudget.

 Temperaturen steigen immer schneller

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Die jährlichen Treibhausgasemissionen, die durch menschliche Aktivitäten entstehen. © Climate Change Tracker/ CC-by 4.0

Das Ergebnis: Die menschengemachte Erderwärmung schreitet mit 0,26 Grad Celsius pro Jahrzehnt mit der höchsten Rate seit Beginn der Aufzeichnungen voran und dies trotz der Bemühungen aller Vertragsstaaten des Pariser Klimaabkommens, diesen Vorgang zu stoppen. Und nicht nur das: Die globalen Oberflächentemperaturen lagen 2023 ganze 1,43 Grad über dem vorindustriellen Niveau. Das 1,5-Grad-Limit ist somit bereits so gut wie überschritten.

Allerdings resultieren „nur“ 1,3 Grad dieser Erwärmung aus menschlichen Aktivitäten. „Die beobachtbaren Temperaturen sind immer ein Produkt eines langfristigen Trends und kurzfristigen natürliche Schwankungen. Letztes Jahr, als die beobachteten Temperaturrekorde gebrochen wurden, trugen natürliche Faktoren vorübergehend etwa zehn Prozent zur gemessenen Erwärmung bei“, erklärt Forster. Die Forscher gehen davon aus, dass insbesondere das Wetterphänomen El Niño einen Beitrag zu den Rekordtemperaturen von 2023 leistete.

Verschobene Balance von Emissionen und Aerosolen 

Ursache der beschleunigten Erwärmung und der Temperaturrekorde sind laut Forschenden zum einen die Treibhausgas-Emissionen, die in den letzten zehn Jahren auf einem anhaltenden Höchststand von jährlich 55,4 Milliarden Tonnen Kohlendioxid lagen. „Die Emissionen fossiler Brennstoffe machen dabei rund 70 Prozent aller Treibhausgasemissionen aus und sind eindeutig der Haupttreiber des Klimawandels. Doch auch die Zementproduktion, die Landwirtschaft und die Abholzung von Wäldern tragen zur Erwärmung bei“, erklären Forster und sein Team.

Zum anderen trägt jedoch auch die Verringerung der Luftverschmutzung mit Schwebstoffen wie Schwefelaerosolen zur Erwärmung bei. Der Grund: Schwefelaerosole wirken kühlend, weil sie das einfallende Sonnenlicht zum Teil reflektieren, gleichzeitig fördern sie die Bildung heller, ebenfalls reflektierender Wolken.  Durch strengere Auflagen zur Luftreinhaltung für die Industrie und sinkende Emissionen beispielsweise aus der Schifffahrt haben sich die Emissionen solcher Aerosole jedoch in den letzten Jahrzehnten reduziert.

Zwar haben die ausgedehnten Waldbrände im Jahr 2023 durch ihren Rauch wieder mehr Aerosole erzeugt, diese reichten aber nicht aus, um den Effekt auszugleichen. Dem Report zufolge wird sich der Trend zur abnehmenden Aerosolkühlung langfristig weiter fortsetzen.

Trend geht weiter in die falsche Richtung 

„Unsere Analyse zeigt, dass die durch menschliches Handeln verursachte globale Erwärmung im vergangenen Jahr weiter zugenommen hat, obwohl der Klimaschutz den Anstieg der Treibhausgas-Emissionen verlangsamt hat. Die globalen Temperaturen bewegen sich trotzdem noch in die falsche Richtung und schneller als je zuvor“, sagt Forster. Laut dem Forschungsteam hat dies verheerende Folgen, wie etwa ein Anstieg des Meeresspiegels oder die Erwärmung der Ozeane mit den daraus folgenden negativen Auswirkungen wie Wetterextremen oder veränderten Ökosystemen. 

 Die Wissenschaftler teilen ihre Ergebnisse frei zugänglich auf der Plattform „Climate Change Tracker“. „Mit dem ‚Climate Change Tracker‘ wollen wir ein breiteres Publikum erreichen, einschließlich politischer Entscheidungsträger und Menschen, die eine wichtige Rolle bei der Eindämmung des Klimawandels und der Anpassung an den Klimawandel spielen“, erklärt das Team. Die Plattform soll für alle einen einfacheren Zugang zu aktualisierten Klimainformationen bieten. (Earth System Science Data, 2024; doi: 10.5194/essd-16-2625-2024)  

Quelle: Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change gGmbH  

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