Klima

Klima tickt auf der Südhalbkugel anders

Neue Daten zeigen große Klimaunterschiede zwischen Nord- und Südhalbkugel

Feldarbeit im Indischen Ozean: Die Korallen in der Nähe von West-Australien haben Informationen zum vergangenen Klima gespeichert. © Eric Matson, Australian Institute of Marine Science

Sonniger Süden? Ein internationales Forscherteam hat umfangreiche Klimadaten von der lange vernachlässigten Südhalbkugel unseres Planeten gesammelt. Diese Daten zeigen weitaus größere Unterschiede zwischen Nord- und Südhälfte der Erde als bisher angenommen. Das hat auch Auswirkungen auf die existierenden Klimamodelle, wie die Wissenschaftler im Fachmagazin „Nature Climate Change“ beschreiben.

Das Klima und seine Veränderungen lassen sich nur mit zuverlässigen und möglichst zahlreichen Daten aus mehreren Jahrzehnten bis Jahrhunderten berechnen. Ein wichtiges und viel diskutiertes Beispiel ist der Einfluss von menschengemachten Treibhausgas-Emissionen auf die Temperaturen im Vergleich zu natürlichen Schwankungen. Solche langfristigen Berechnungen basieren im Moment fast ausschließlich auf Daten von der Nordhalbkugel der Erde. Von der Südhalbkugel stehen bislang nur mangelhaft wenige Daten zur Verfügung. Dies liegt daran, dass die südliche Hälfte unseres Planeten zum großen Teil von Ozeanen, antarktischem Eis sowie Steppen und Wüsten bedeckt ist.

Erwärmung seit den 1970er Jahren auch im Süden

Ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Raphael Neukom vom Oeschger Zentrum für Klimaforschung der Universität Bern hat sich in den letzten Jahren daran gemacht, diese Einseitigkeit zu beheben. Klimatologen aus Australien, Süd- und Nordamerika und Europa haben Daten von über 300 verschiedenen Orten zusammengetragen – verteilt auf die Ozeane und alle Kontinente der Südhalbkugel.

Die Wissenschaftler zapften die verschiedensten Quellen an, um die Datenlage zu erweitern: Informationen über Temperaturänderungen sind über Jahrhunderte in Baumringen, Korallen, Eisbohrkernen, See- und Meeressedimenten, Tropfsteinen und historischen Dokumenten gespeichert. Anhand dieser Proben und Dokumente bestimmten die Forscher die jährlichen Durchschnittstemperaturen über die letzten 1.000 Jahre. Ein Ergebnis fiel dabei sofort auf: In 99,7 Prozent dieser neuen Berechnungen von der Südhemisphäre fiel das wärmste Jahrzehnt des letzten Jahrtausends in die Zeit nach 1970.

Bedeutende regionale Unterschiede

Ein Vergleich mit bestehenden Daten aus der Nordhemisphäre ergibt ein erstaunliches Bild: Nur gerade zwei Mal im gesamten letzten Jahrtausend zeigten beide Halbkugeln gleichzeitig extreme Temperaturen. Das erste Mal war die globale Kälteperiode während der „kleinen Eiszeit“ im 17. Jahrhundert. Der zweite Fall betrifft die gegenwärtige globale Erwärmungsphase, die seit den 1970er Jahren ein Wärmeextrem nach dem anderen hervorbringt.

Affenschwanzbäume (Araucaria araucana) in den argentinischen Anden. Baumringe dieser Bäume lieferten Daten für die Temperatur-Rekonstruktionen. © Ignacio Mundo

Eine frühere für Europa bedeutende Warmzeit hatte dagegen auf der Südhalbkugel keine Auswirkungen: „Die Mittelalterliche Wärmeperiode, wie sie in europäischen Überlieferungen vorkommt, war ein regionales Phänomen“, betont Klimaforscher Neukom. „Zur gleichen Zeit waren die Temperaturen in der Südhemisphäre nur durchschnittlich“. Immer wieder gab es im letzten Jahrtausend solche Perioden, in denen sich die eine Halbkugel erwärmte, während sich die andere in einer Abkühlung befand.

Ungleichgewicht auch in Klimamodellen

Diese regionalen Unterschiede sind offenbar größer als bisher angenommen: Chaotische Wechselwirkungen innerhalb des Klimasystems, die sogenannte „interne Variabilität“, lassen die Temperaturen immer wieder in die eine oder andere Richtung schwanken. Die Hauptmotoren der internen Variabilität sind die Weltmeere mit ihren warmen und kalten Strömungen. Daher ist sie auf der ozeandominierten Südhalbkugel die wichtigste Triebkraft bei Temperaturschwankungen. Die großen Landmassen der Nordhemisphäre reagieren dagegen schneller auf Stimulationen von der Sonne, von Vulkanausbrüchen oder Treibhausgasen, sind also anfälliger für äußere Einflüsse.

Existierende Klimamodelle scheinen diese unterschiedlichen Mechanismen falsch oder zumindest ungenau zu bewerten: In ihrer Studie verglichen die Wissenschaftler ihre Temperatur-Rekonstruktionen mit 24 simulierten Temperaturverläufen aus unterschiedlichen Klimamodellen. Dabei zeigte sich, dass die meisten dieser Modelle die Unterschiede zwischen den Halbkugeln nur unzureichend wiedergeben können. Die Effekte der südlichen Hemisphäre werden zu wenig berücksichtigt.

„Dies ist von großer Bedeutung“, so Neukom, „denn diese Klimamodelle werden dazu verwendet, die zukünftige Entwicklung des Klimas abzuschätzen. Regionale Unterschiede in der zukünftigen Temperaturentwicklung könnten also größer sein, als es die gegenwärtigen Modelle vorhersagen.“ (Nature Climate Change, 2014; doi: 10.1038/NCLIMATE2174)

(Universität Bern, 31.03.2014 – AKR)

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