Mehr Regen, trotzdem Dürre? Südeuropa, Südostasien und dem Südwesten der USA könnte genau das bevorstehen. Eine neue Studie US-amerikanischer Klimaforscher kommt zu dem Ergebnis, dass bis zum Ende des Jahrhunderts selbst Regionen von Dürre betroffen sein könnten, in denen es mehr regnet als zuvor. Der Grund dafür, so die Forscher im Magazin „Climate Dynamics“, ist ein bislang in Klimamodellen vernachlässigter Faktor: stärkere Verdunstung bei steigenden Temperaturen.
Das Weltklima wird sich bis zum Ende des Jahrhunderts deutlich erwärmen, so viel ist mittlerweile sicher. Vielen Regionen wird die steigende Temperatur längere Trockenzeiten bringen, andere erhalten voraussichtlich mehr Regen. Für die Voraussage von Dürreperioden im zukünftigen Klima dienten bislang vor allem Niederschlagsmengen als Grundlage.
Regen allein nicht entscheidend
Eine Gruppe von Wissenschaftlern um Benjamin Cook von der Columbia University ist der Ansicht, dass der Effekt der Temperatur gegenüber dem Niederschlag bisher vernachlässigt geblieben ist. Ob es häufiger oder seltener regnet, ist noch nicht allein entscheidend für die Dürregefahr, so die Forscher: Auch die Temperatur und damit die Verdunstung von Feuchtigkeit aus dem Boden spielt eine große Rolle.
Zunehmende Dürre durch wärmeres Klima – das klingt naheliegend: „Grundlagen der Physik sagen uns, dass warme Temperaturen Dinge schneller trocknen lassen“, sagt Erstautor Cook. Daher bezogen er und seine Kollegen in ihrer Studie den Effekt der Verdunstung mit in ihre Vorraussagen ein. Ausgehend von Klimamodellen aus dem IPCC Bericht von 2013 analysierten die Wissenschaftler dessen Vorhersagen sowohl für Niederschlag als auch für Verdunstung von Wasser aus dem Boden. Dabei stießen sie auf einen überraschenden und beunruhigenden Effekt: Selbst Gegenden mit mehr Regen als zuvor können in Zukunft stärker von Dürre bedroht sein.
Größere Dürregefahr in landwirtschaftlichen Gebieten
Berücksichtigten die Klimatologen lediglich den Niederschlag in ihren Modellen, so ergab sich beispielsweise für die Gebiete im mittleren Westen der USA und im Südosten Chinas keinerlei Dürregefahr – es regnet nach wie vor genug. Bezieht das Modell jedoch auch die zunehmende Verdunstung mit ein, so geraten diese landwirtschaftlich bedeutenden Regionen an den Rand der Trockenheit – trotz eigentlich ausreichendem Niederschlag.
Die sommerlichen Trockenzeiten, wie sie heute bereits im Mittelmeerraum und in der Türkei herrschen, werden sich nach diesem Modell weiter nach Norden – und damit bis nach Mitteleuropa auswirken. Genauso werden sich Trockengebiete in Mittelamerika, Im Amazonasgebiet und im südlichen Afrika vergrößern.
Darin stimmt die Studie mit dem neuesten Klimabericht des IPCC überein. Auch das IPCC warnt bereits davor, dass die Bodenfeuchtigkeit weltweit abnehmen wird. Cook und Kollegen schätzen in ihrer Studie, dass allein durch veränderte Niederschlagswerte rund zwölf Prozent der Landmasse der Erde, ohne die Antarktis, bis zum Jahr 2100 von Dürre bedroht sind. Dieser Wert steigt jedoch sogar auf bis zu 30 Prozent, wenn man die zunehmende Verdunstung mit einberechnet.
Preisexplosionen bei Lebensmitteln?
Für die Landwirtschaft und damit für die Produktion von Nahrungsmitteln könnte das schwerwiegende Folgen haben: Wenn heute ungünstiges Wetter einer Gegend schlechte Ernten beschert, können andere Regionen das normalerweise ausgleichen und eine Nahrungsknappheit verhindern. Die Autoren der Studie sagen jedoch voraus, dass im wärmeren Klima der Zukunft Ernten in zahlreichen Regionen zugleich verdorren könnten, wenn sich Dürren großflächig ausbreiten. „Preisexplosionen bei Lebensmitteln könnten alltäglich werden“, sagt Klimaspezialist Richard Seager, einer der Co-Autoren. Große Städte, besonders in trockenen Gegenden, werden ihren Wasserhaushalt sorgfältig überwachen müssen, fügt er hinzu.
„Für die Landwirtschaft ist die Wasserbilanz des Bodens das einzige, was wirklich zählt“, fasst Co-Autor Jason Smerdon von der Columbia University zusammen. „Wenn es mehr regnet, aber die Temperatur ebenfalls zunimmt, kann daraus eine Dürre folgen.“ Dass Regen allein nicht ausreicht, weiß auch Steven Sherwood von der University of New South Wales in Australien, der im Fachjournal „Science“ zu bedenken gibt: „Viele Regionen werden mehr Regen erhalten. Aber es scheint, als ob nur wenige genug bekommen, um mit der zunehmenden Verdunstung mithalten zu können.“
(Climate Dynamics, 2014; doi: 10.1007/s00382-014-2075-y)
(Springer, 02.04.2014 – AKR)