Wenn sich das Klima weiter erwärmt, könnte das heute eher brackige Wasser der Ostsee deutlich salziger werden – mit fatalen Folgen für einen Teil der marinen Ökosysteme. Wie eine jetzt im „International Journal of Climatology“ erschienene Auswertung von Klimadaten der letzen 500 Jahre zeigt, sank der Süßwassereinstrom durch Flussmündungen in Wärmeperioden meist ab, der Salzgehalt stieg an. Die Studie wiederspricht damit diametral den gängigen Annahmen.
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Die Ostsee ist nach geologischen Maßstäben ein junges, ziemlich salzarmes Meer. Der nur begrenzte Wasseraustausch mit anderen Meeresgebieten und der kontinuierliche Einstrom von Süßwasser aus den Mündungen vieler großer Flüsse ließen die Salinität des Meerwassers auf durchschnittlich nur rund 0,8 Prozent sinken. Zum Vergleich: Atlantik und Nordsee haben eine Salinität von jeweils mehr als drei Prozent. Der geringe Salzgehalt der Ostsee hat es einer einzigartigen Tier- und Pflanzenwelt aus Süß- und Salzwasserarten ermöglicht, sich hier anzusiedeln. Dieses sensible Ökosystem könnte schon durch kleinere Veränderungen der Salinität dramatisch beeinflusst und gestört werden
Wärmeres Klima ließ Salzgehalt sinken
Angesichts des sich anbahnenden Klimawandels gingen Forscher lange Zeit davon aus, dass sich bei einem wärmeren Klima auch der Süßwassereinstrom durch die Flüsse erhöhen wird und so die Ostsee langfristig noch salzärmer wird. Doch jetzt haben Forscher der Universität von Göteborg festgestellt, dass genau das Gegenteil eintreten könnte:
Bei der Analyse der Entwicklung von Klimadaten und Salzgehalt der Ostsee im Laufe der letzen 500 Jahre stießen die Forscher auf eine deutliche Korrelation zwischen warmen Klimaphasen und einem erhöhten Salzgehalt des Ostseewassers. Der Einstrom von Süßwasser aus den Flüssen stieg offenbar nicht an, wie vielfach angenommen, sondern sank wegen geringer werdender Niederschläge ab.
Große regionale Unterschiede
Dieser Trend gilt jedoch nicht für den ganzen Ostseeraum gleichermaßen. Stattdessen gibt es große regionale Unterschiede: „In der nördlichen Ostsee und dem Golf von Finnland steigt der Süßwassereinstrom, wenn es wärmer wird, in der südlichen Ostsee ist es umgekehrt“, erklärt Hansson. „Der Grund dafür ist, dass ein wärmeres Klima zu mehr Regenfällen im Norden und Osten und weniger Niederschlägen im Süden führt. Unsere Studie zeigt, dass die Abnahme im Süden dabei größer ist als der Anstieg im Norden, dadurch wird das Wasser insgesamt salziger.“
Problematisch für viele Tier- und Pflanzenarten
Ein solcher Anstieg der Salinität des Ostseewassers könnte für weite Teile des sensiblen Meeresökosystems weitreichende Folgen haben. Denn viele Organismen sind an das zurzeit herrschende fragile Gleichgewicht von Süß- und Salzwasser angepasst und tolerieren nur geringe Schwankungen. „Eine salzigere See kann für einige Tiere und Pflanzen vorteilhaft sein, aber problematisch für andere. Diese Verschiebungen könnten das gesamte Ökosystem stören“, so Hansson.
Lehren aus vergangenen Entwicklungen
Der Forscher räumt jedoch auch ein, dass es in seiner Vorhersage noch eine ganze Reihe von Unsicherheitsfaktoren gibt. „Wir haben die Unterschiede in den letzten 500 Jahren untersucht,,was nicht das Gleiche ist wie eine Prognose darüber, was in den nächsten 500 Jahren passieren wird. Aber es gibt gute Gründe anzunehmen, dass die warmen Perioden in der Zukunft sich ähnlich verhalten und auswirken werden wie sie es in der Vergangenheit getan haben.”
(Universität Göteborg, 07.06.2010 – NPO)