„Klimaverschwörung“ widerlegt: Entgegen den Vorwürfen der Klimaskeptiker werden Klima-Studien mit „unliebsamen“ oder uneindeutigen Ergebnissen nicht unterdrückt. Wie eine statistische Überprüfung ergab, werden solche Studien genauso in den gängigen Fachjournalen veröffentlicht wie Fachartikel mit Pro-Klimawandel-Ergebnissen. Allerdings gibt es einen Trend innerhalb der Artikel, besonders drastische Effekte im Abstract hervorzuheben.
Dass der Klimawandel stattfindet und zumindest zu einem großen Teil menschengemacht ist, wird von den meisten Menschen kaum mehr bezweifelt. Ständig neue Wärmerekorde, tauendes Meereis und steigende Meeresspiegel sprechen eine zu deutliche Sprache. Dennoch gibt es noch immer Klimaskeptiker, die in den veröffentlichten Daten und selbst im Weltklimabericht des IPCC eine einseitige Propaganda sehen. Ihr Vorwurf: Unliebsame Ergebnisse werden von den Fachjournalen gar nicht erst veröffentlicht.
„Es ist ein großes Problem, wenn Politiker und andere Entscheidungsträger der Wissenschaft nicht trauen“, sagt Johan Hollander von der Universität Lund in Schweden. „Das kann dazu führen, dass wichtige Entscheidungen nicht getroffen werden oder nur eine niedrige Priorität bekommen.“
Werden unliebsame Ergebnisse „unterdrückt“?
Doch ist an den Vorwürfen der Klimaskeptiker etwas dran? Haben Studien, die widersprechende oder nicht signifikante Ergebnisse liefern, eine schlechtere Chance, veröffentlicht zu werden? Zumindest für die renommiertesten Fachjournale „Nature“ und „Science“ haben Forscher im Jahr 2008 tatsächlich einen sogenannten „Publication Bias“ nachgewiesen: In den Journalen erschienen vorwiegend Studien, die über sehr eindeutige, signifikante Klimawandel-Indikatoren oder -Folgen berichteten.
Doch ist dies repräsentativ für die Gesamtheit der Fachzeitschriften? Weil „Nature“ und „Science“ fachübergreifend berichten und extrem wählerisch bei der Auswahl sind, könnten sie eher die Ausnahme als die Regel darstellen. Ob das so ist, oder ob „unliebsame“ Studie tatsächlich auf breiter Front unterdrückt werden, haben Hollander und seine Kollegen nun überprüft.
Keine selektive Veröffentlichung
Für ihre Studie werteten die Forscher Fachartikel aus 31 verschiedenen Journalen aus, die zwischen 1997 und 2013 zu den Folgen des Klimawandels auf Meeresorganismen erschienen sind. Bei den insgesamt 120 Publikationen zu 1.154 Experimenten überprüften sie unter anderem, ob Studien mit negativen oder nicht signifikanten Ergebnissen seltener vertreten waren als es bei unvoreingenommener Veröffentlichung zu erwarten wäre.
Das Ergebnis: „Unsere Trichteranalysen ergaben keine Hinweise auf einen Publication Bias“, berichten Hollander und seine Kollegen. „Es gab keine Belege dafür, dass Studien mit statistisch nicht-signifikanten Ergebnisse unterrepräsentiert sind und wir haben auch keine verdächtigen Lücken in den Graphen gefunden.“
Das spreche dafür, dass der Vorwurf der Klimaskeptiker zumindest für diesen Forschungsbereich unbegründet sei. „Es war beruhigend zu sehen, dass die wissenschaftliche Praxis seriös ist“, sagt Hollander. „Denn es ist wichtig zu zeigen, dass wir den Ergebnissen der Klimaforschung vertrauen können.“
Positives kommt eher in den Abstract
Allerdings: Innerhalb der einzelnen Fachartikel zeigten sich durchaus einige Ungleichgewichte: „Die großen, statistisch signifikanten Effekte wurden typischerweise in Abstracts und Zusammenfassungen hervorgehoben“, berichten die Forscher. „Die schwächeren oder statistisch nicht signifikanten Effekte dagegen wurden im Hauptteil der Studien vergraben.“
Prinzipiell ist dies eine in der Wissenschaft durchaus legitime Praxis, wenn man davon ausgeht, dass Fachkollegen ohnehin die gesamte Studie lesen. Problematisch kann dies jedoch sein, wenn dies nicht geschieht: „Vor allem wissenschaftliche Laien neigen dazu, nur die Zusammenfassungen zu lesen, ohne die Details zu studieren“, erklären Hollander und seine Kollegen.
„Wachsam bleiben“
Das wiederum kann durchaus dazu führen, dass heftige und klare Klimafolgen in der Öffentlichkeit und der Presse stärker repräsentiert sind als weniger eindeutige oder sogar widersprüchliche Ergebnisse. Auch wenn unliebsame Ergebnisse der Klimaforschung demnach keineswegs absichtlich unterdrückt werden, kann es so ungewollt zu einem schiefen Bild kommen.
„Auch die Wissenschaft ist oft vom menschlichen Bestreben beeinflusst, eine spannende Geschichte zu erzählen“, so die Forscher. „Es liegt daher in der Verantwortung der Wissenschaftler und Editoren, hier wachsam zu bleiben und Wissenschaft auf eine transparente und nicht-verzerrte Weise zu kommunizieren.“
Eine bewusste Vertuschung jedoch findet ihrer Analyse nach nicht statt – die Vorwürfe und Verschwörungstheorien der Klimaskeptiker seien hier unbegründet. (Climatic Change, 2017; doi: 10.1007/s10584-016-1880-1)
(Lund University, 17.03.2017 – NPO)