Viel geredet, wenig erreicht: So lautet das Fazit von Umweltschutzorganisation wie dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und Germanwatch nach Ende des 12. Klimagipfels am Freitag in Nairobi. „Das Ergebnis von Nairobi ist frustrierend. Die Bedrohung durch den Klimawandel wird immer dramatischer und die Klimadiplomatie bewegt sich im Schneckentempo. In Nairobi konnte leider kein wirksamer Klimaschutz-Fahrplan vereinbart werden. Dabei braucht die Welt dringend anspruchsvolle Ziele für die Zeit nach dem Kyoto-Abkommen.“, kommentierte Gerhard Timm, Geschäftsführer des BUND, die Ergebnisse des Klimagipfels.
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„Auch national müssen wir mehr tun, die Energieeffizienz steigern und aus der Kohleverstromung aussteigen. 2007 muss das Jahr des europäischen Klimaschutzes werden. Wer hier zu spät kommt, den bestrafen nicht nur Überschwemmungen, Dürren und Wirtschaftskrisen, der verspielt auch Arbeitsplätze und Exportchancen.“, so Timm weiter.
"Es geht nicht länger, dass die Regierungen in Sonntagsreden den Klimawandel als wichtigstes Problem bezeichnen und ihn dann bei solchen Verhandlungen als Nebensache behandeln.", sagte auch Germanwatch-Vorstandsvorsitzender Klaus Milke. Zu Recht habe UN-Generalsekretär Kofi Annan darauf hingewiesen, dass der Klimawandel inzwischen die Bedeutung großer sicherheitspolitischer Krisen erreicht habe. "Und der Stern-Report hat noch einmal deutlich gemacht, dass auch die ökonomischen Herausforderungen durch den Klimawandel enorm sind."
Nur wenige konkrete Ergebnisse
Nach Ansicht von Germanwatch wurden bei den Verhandlungen aber immerhin einige Fortschritte erzielt, die beim künftigen Klimaregime eine wichtige Rolle spielen könnten.
– Die Staatengemeinschaft sandte das klare Signal aus, dass es nach 2012 weitere Reduktionsziele für die Industriestaaten geben soll und dass bis 2050 die weltweiten Emissionen um deutlich mehr als 50 Prozent gesenkt werden sollen.
– Es wurden die Kriterien für den Anpassungsfonds festgelegt, der in Zukunft eine große Bedeutung spielen kann. Er wird durch ein innovatives internationales Finanzinstrument, das im Kyoto-Protokoll entwickelt worden ist, gespeist. Für jedes Zertifikat, das im Rahmen des projektbezogenen Emissionshandels in Entwicklungsländern (CDM) gekauft wird, wird eine zweiprozentige Abgabe in den Anpassungsfonds eingezahlt werden. Bis 2020 werden das nur etwa 250 Millionen Dollar sein. Aber in Zukunft könnten es Milliarden Dollar werden. Zudem läge es in der Logik der Sache, dass in Zukunft auch der projektbezogene Emissionshandel in Industrieländern (Joint Implementation) sowie der internationale Emissionshandel mit einer solchen Abgabe belegt wird.
– Es gelang auch, den Nairobi-Aktionsplan für Anpassungsmaßnahmen zu verabschieden. Damit können jetzt in den nächsten fünf Jahren Anpassungsmaßnahmen an die zum Teil bereits dramatischen Klimaveränderungen in Entwicklungsländern vorbereitet werden.
Vom Klimaschutzminister zum Kohleminister?
Der BUND begrüßte die Ankündigung von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel, den Kohlendioxidausstoß in Deutschland bis 2020 um 40 Prozent zu reduzieren. Unvereinbar damit seien allerdings die von Gabriel geplanten Vergünstigungen beim Emissionshandel für gut ein Dutzend neuer Kohlekraftwerke. „Gabriel muss den Irrweg der Kohleförderung schnellstens beenden, sonst wird er vom Klimaschutzminister zum Kohleminister“, so Timm.
Gefordert sei auch Bundeswirtschaftsminister Michael Glos. Um einen wirksamen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, müsse er eine halbe Milliarde Euro in einen Energiesparfonds stecken. Bei einer von der EU erlaubten zehnprozentigen Versteigerung der Emissionszertifikate für Treibhausgase sei die Hälfte der Erlöse für einen solchen Fonds ausreichend. Millionen veraltete Kühlgeräte in deutschen Haushalten verbrauchten mehr als doppelt so viel Strom wie nötig. Prämien für deren Ersatz könnten die Haushalte zum Austausch motivieren und Arbeitsplätze in der Elektrogeräteindustrie sichern.
Janusköpfigkeit in Sachen Klimapolitik warf der BUND der EU vor. Timm: „Ausgerechnet in der Woche nach Nairobi verabschieden die EU-Energieminister einen Energiesparplan, in dem voraussichtlich die deutschen Autohersteller Spritverbrauchslimits für Pkw verhinderten. Und die Bundesregierung hat nichts dagegen unternommen. Das ist die Crux von Nairobi: International sitzen tausende Klimadiplomaten zusammen, national setzen sich einige wenige Klimazerstörer durch.“
(BUND/Germanwatch, 20.11.2006 – DLO)