Gestern, am 6. November, hat im ägyptischen Sharm el-Sheikh die Weltklimakonferenz COP27 begonnen. Doch obwohl ein Report der Weltwetterorganisation WMO zu Beginn der Konferenz neue, alarmierende Daten zur Klimakrise präsentierte, sind die Erfolgsaussichten für einen Durchbruch im globalen Klimaschutz gering. Angesichts von Gasknappheit, Ukrainekrieg und Pandemiefolgen stehen für die meisten Länder zurzeit andere Probleme im Vordergrund.
Die Zeit drängt: Nachdem schon auf dem letzten Weltklimagipfel in Glasgow viele Probleme vertagt und nur unzureichende nationale Selbstverpflichtungen der Länder eingereicht worden waren, wird es eng für den globalen Klimaschutz. Doch schon im Vorfeld des diesjährigen Klimakonferenz COP27 zeichnet sich ab, dass sich seither wenig bewegt hat: Die Treibhausgas-Emissionen sind weiter angestiegen und alle bisher in Kraft getretenen Maßnahmen reichen gerade aus, um die Erwärmung auf 2,8 Grad zu begrenzen. Würden alle geplanten Emissionsminderungen umgesetzt, wären es 2,6 Grad – zu viel für das Klimaschutzziel von Paris.
Thema Emissionen
Die am 6. November 2022 begonnene Weltklimakonferenz COP27 sollte eigentlich dazu beitragen, dies zu ändern. So müssen viele Länder, darunter auch die größten Emittenten von CO2, ihre nationalen Selberverpflichtungen nachbessern, wenn das Klimaschutzziel wenigstens noch machbar bleiben soll. Laut einem am 6. November auf dem Weltklimagipfel vorgestellten Bericht der World Meteorological Organization WMO hat die atmosphärische Treibhausgaskonzentration mit 418 ppm im Jahr 2021 erneut Rekordwerte erreicht.
„Wir haben jetzt so hohe CO2-Werte in der Atmosphäre, dass das 1,5-Grad-Ziel von Paris kaum mehr in Reichweite ist“, sagte WMO-Generalsekretär Petteri Taalas. Vor allem bei China, Indien, Russland, Brasilien und Indonesien nehmen die Treibhausgas-Emissionen zudem noch immer zu statt ab. Und selbst bei den Staaten, die einen sinkenden CO2-Ausstoß vorweisen können, darunter auch die EU, reichen die Minderungen nicht. Allerdings ist schon jetzt absehbar, dass sich angesichts von Ukrainekrieg, Inflation und wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie in diesem Bereich nur wenig tun wird.
Die im letzten Jahr in Glasgow gemachten Versprechungen zum Nachschärfen der nationalen Selbstverpflichtungen, wurden größtenteils nicht umgesetzt. Und auch für dieses Jahr gibt es wenig Hoffnung: „Ich glaube, dass der Prozess von neuen nationalen Zielen und auch neuen Initiativen und neuer Teilnahme an Initiativen nur sehr schleppend vorankommt“, kommentiert Niklas Höhne vom New Climate Institute in Köln. „Ich glaube nicht, dass sich das bei der Konferenz ändern wird.“
Thema Klimaanpassungen und Klimafonds
Ein weiteres Thema ist die Anpassung an die Klimafolgen. Hier fordern Schwellen- und Entwicklungsländer, dass vor allem die reichen Staaten ihnen mit entsprechenden finanziellen und praktischen Hilfen unter die Arme greifen. Denn die Industrieländer sind zwar durch ihre hohen Emissionen Hauptverursacher des anthropogenen Klimawandels, die schlimmsten Auswirkungen müssen aber die ärmeren Länder tragen. Hitze, Trockenheit, Überschwemmungen und Tropenstürme treffen vor allem die Menschen in Afrika und Teilen Asiens schwer.
Schon 2009 hatten die Industrieländer zugesagt, einen Klimafonds aufzusetzen, in den sie jährlich 100 Milliarden US-Dollar einzahlen. Dieser Fonds soll dann für Hilfen und Anpassungsmaßnahmen in ärmeren Ländern verwendet werden. Bisher liegen die eingezahlten Summen aber weit unter dem vereinbarten, viele reiche Staaten weigern sich, zu zahlen oder zahlen zu wenig. Schon bei der letzten Klimakonferenz 2021 in Glasgow stand dieses Thema auf der Tagesordnung, noch immer klafft aber eine Lücke zwischen dem Soll und Haben.
Schadensersatz für Klimaschäden in ärmeren Ländern
Das dritte Thema ist ebenfalls eng mit dem Konflikt zwischen armen und reichen Ländern verknüpft. Weil Entwicklungsländer kaum Schuld am Klimawandel haben, aber die Hauptgeschädigten sind, fordern sie von den Industrieländern eine Art Schadensersatz. Dieser sogenannte „Loss and Damage“-Fonds soll dafür verwendet werden, die unmittelbaren Folgen schwerer Klimakatastrophen wie Wirbelstürmen oder Überschwemmungen zu beheben oder zumindest zu lindern. Bisher haben sich die reichen Staaten gegen einen solchen Schadensersatz gewehrt.
Bei der COP27 wird der „Loss and Damage“-Fonds nun erstmals offiziell als Teil der Tagesordnung verhandelt. Die Aussichten auf praktische Umsetzung gelten jedoch als gering – trotz der immer dramatischer werdenden Wetterextreme und Klimakatastrophen vor allem in den ärmeren Ländern. „Diejenigen, die am wenigsten für den Klimawandel verantwortlich sind, leiden allzu oft am meisten“, sagt Taalas.
Dies spiegelt auch der aktuelle Bericht der WMO wider: In Ostafrika fiel vier Regenzeiten in Folge zu wenig Niederschlag, die Region leidet unter der schwersten Trockenheit seit 40 Jahren. Bis zu 19,3 Millionen Menschen sind dort von Hunger bedroht. In Pakistan haben dagegen Rekord-Regenfälle ein Drittel des Landes unter Wasser gesetzt. 33 Millionen Menschen sind betroffen. Im Süden Afrikas und in der Karibik sorgten Wirbelstürme für schwere Schäden und Todesopfer.
Klimawandel schreitet rasant fort
Der WMO-Bericht zeigt deutlich, dass der Klimawandel nicht wartet und sich stattdessen immer weiter beschleunigt. So waren die letzten acht Jahre die wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen und die globalen Mitteltemperaturen liegen inzwischen 1,15 Grad über den präindustriellen Werten. Das Jahr 2022 ist nur deshalb nicht das wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen, weil das kühlende La Nina-Phänomen im Pazifik schon das dritte Jahr in Folge auftritt.
Die Rate des Meeresspiegelanstiegs hat sich dem WMO-Report zufolge seit 1993 verdoppelt. Allein die letzten zweieinhalb Jahre sind für zehn Prozent des gesamten Pegelanstiegs der letzten 30 Jahre verantwortlich. Von Januar 2021 bis August 2022 ist der Meeresspiegel um fünf Millimeter angestiegen. „Obwohl wir den Meeresspiegelanstieg noch in Millimetern pro Jahr messen, addiert sich der Anstieg schon auf einen halben bis einen Meter pro Jahrhundert“, berichtet Taalas. „Das ist eine enorme Bedrohung für Millionen Bewohner der Küstenregionen und für tiefliegende Länder.“
Auch bei der Eisschmelze gab es neue Rekorde. In den Alpen haben die Gletscher im Jahr 2022 im Schnitt drei bis vier Meter an Eisdicke verloren – deutlich mehr als im bisherigen Rekordjahr 2003. Die Weltmeere haben sich weiter erwärmt und erreichten im Jahr 2021 Rekordtemperaturen. 55 Prozent der Ozeanfläche haben im Jahr 2022 mindestens eine marine Hitzewelle durchlebt, so der Bericht.
Quelle: UNFCC, World Meteorological Organization (WMO)