Klima

Klimaschutz: CO2-Budget reicht nur noch bis 2029

Zeitfenster und Emissionsbudget für Klimaschutzziele sind weiter geschrumpft

Treibhausgas-Emissionen
Bleiben die globalen CO2-Emissionen weiter auf aktuellem Stand, könnte das Budget für das 1,5-Grad-Klimaschutzziel bis 2029 aufgebraucht sein. © Den Belov/ Getty images

Die Zeit läuft ab: Das CO2-Budget der Menschheit für das Erreichen des 1,5-Grad-Klimaschutzziels ist weiter geschrumpft – und könnte in sechs Jahren aufgebraucht sein, wie eine aktualisierte Bilanz zeigt. Demnach liegt das verbleibende Budget der weltweiten CO2-Emissionen bei nur noch 250 Gigatonnen – halb so hoch wie noch im Weltklimabericht von 2021. Bleibt der globale CO2-Ausstoß auf heutigem Stand, ist diese Menge im Jahr 2029 erreicht, wie die Forschenden in „Nature Climate Change“ berichten.

Auch wenn längst klar ist, dass eine weitere globale Erwärmung für viele Regionen schwerwiegende Klimafolgen nach sich ziehen wird, steigen die globalen CO2-Emissionen weiter an. Noch im Sommer 2021 bezifferte der aktuelle Weltklimabericht das damals für verschiedene Klimaschutzziele noch verbliebene Budget der CO2-Emissionen: für eine 50-prozentige Chance, das 1,5 Grad-Ziel zu halten, blieben der Menschheit demnach noch rund 500 Gigatonnen, für eine 83-prozentige Chance nur rund 300.

Doch seither ist der weltweite CO2-Ausstoß trotz Corona-Pandemie und vorübergehendem Abflauen weiter angestiegen. Im März 2023 hatte die globale Erwärmung laut IPCC-Synthesebericht bereits gut 1,1 Grad Erwärmung gegenüber den präindustriellen Werten erreicht – Tendenz sich stark beschleunigend.

CO2-Budget nur noch halb so groß wie 2020

Jetzt gibt es neue Zahlen: Ein Team um Robin Lamboll vom Imperial College London hat auf Basis aktueller Emissionsdaten und präzisierter Modelle das für verschiedene Klimaschutzziele noch verbleibende CO2-Budget neu berechnet. Dabei wurde auch der kühlende Einfluss der Aerosole, beispielsweise durch frühere Schadstoffemissionen, aufgrund neuer Erkenntnisse genauer kalkuliert als zuvor.

Die Analysen ergaben: Das für die 50-Prozent-Chance auf das 1,5-Grad-Ziel verbleibende CO2-Budget ist seit dem letzten Weltklimabericht weiter drastisch geschrumpft. Es liegt bei nur noch 250 Gigatonnen – halb so viel wie 2021 vom IPCC ermittelt. Ursache dafür sind vor allem das seit 2020 emittierte Kohlendioxid, das allein schon 45 Prozent des Restbudgets verzehrt haben, wie Lamboll und seine Kollegen berichten. Rund 22 Prozent der Veränderungen gehen auf die Emission anderer Klimagase zurück.

Budget für 1,5-Grad bis 2029 aufgebraucht

Die neuen Werte bedeuten auch: Bleiben die CO2-Emissionen auf dem heutigen Stand von rund 40 Gigatonnen pro Jahr, könnte das verbleibende CO2-Budget für das 1,5-Grad-Ziel bis zum Jahr 2029 aufgebraucht sein – in sechs Jahren. Das deckt sich mit ähnlichen Prognosen der World Meteorological Organization (WMO) aus dem Jahr 2022. Auch sie hatte prognostiziert, dass die globale Erwärmung deutlich vor dem Jahr 2030 die 1,5-Grad-Marke überschreiten wird.

Nach den Berechnungen des Teams sind auch das Zeitfenster und CO2-Budget für das Zwei-Grad-Ziel weiter geschrumpft. Demnach darf die Menschheit für eine 50-Prozent-Chance dieses nächsthöheren Klimaschutzziels nur noch rund 1.200 Gigatonnen CO2 ausstoßen. Für eine 90-prozentige Chance für das Halten des Zwei-Grad-Zieles dürften nur noch 500 Gigatonnen CO2 emittiert werden. Bleibt der CO2-Ausstoß auf heutigem Stand, würde dieses Budget schon im Jahr 2045 verbraucht sein.

Zeit für Netto-Null-Emissionen wird ebenfalls knapper

Aus den neuen Werten ergeben sich auch neue Zielwerte, wann die globalen Treibhausgas-Emissionen Netto-Null erreichen müssten – die Emissionsmenge, die von CO2-Senken und technischen Maßnahmen zur CO2-Bindung ausglichen werden können. Demnach müsste Netto-Null für das 1,5-Grad-Ziel spätestens im Jahr 2035 erreicht sein, für eine 90-Prozent-Chance auf das Zwei-Grad-Ziel im Jahr 2050.

„Unsere Ergebnisse bestätigen, was wir eigentlich schon wissen: Wir tun nicht einmal annähernd genug, um die Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen“, sagt Lamboll. „Doch jeder Bruchteil eines Grads mehr wird Mensch und Ökosystemen das Leben erschweren.“ Bereits 2021 ermittelten Klimaforscher, dass 2020 geborene Kinder im Laufe ihres Lebens zwei bis siebenmal häufiger schwere Wetterextreme durchleben müssen als noch ihre Großeltern, wenn die Erwärmung auf mehr als zwei Grad ansteigt.

„Kein Grund zum Aufgeben“

„Das heißt aber keinesfalls, wir sollten aufgeben. Ganz im Gegenteil. Es zeigt, dass jede eingesparte Tonne Kohlendioxid umso wichtiger ist, weil das Budget so extrem knapp ist“, betont der nicht an der Studie beteiligte Klimaforscher Niklas Höhne vom New Climate Institute in Köln. „Und selbst wenn 1,5 Grad im mehrjährigen Mittel überschritten werden, ist es gut, vorher so viele Emissionen wie möglich eingespart zu haben, da jede eingesparte Tonne zu geringerer globaler Temperaturerhöhung führt und damit zu geringeren Schäden.”

Diese Studie sei ein weiterer Aufruf, in den Notfallmodus zu schalten und alles daran zu setzen, Treibhausgasemissionen so schnell wie irgend möglich zu reduzieren, so Höhne. (Nature Climate Change, 2023; doi: 10.1038/s41558-023-01848-5)

Quelle: Imperial College London, Science Media Center

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