Das Leben im Meer ist dem globalen Klimawandel noch stärker ausgesetzt als Pflanzen und Tiere an Land. Dies berichtet jetzt ein internationales Wissenschaftlerteam im Fachmagazin „Science“. Für ihre neue Studie hatten die Forscher die globalen Klimadaten der letzten 50 Jahre analysiert und erstmals die Geschwindigkeit des Klimawandels an Land und in den Ozeanen verglichen.
Wasser erwärmt sich weit langsamer als Luft. Deshalb ist der Temperaturanstieg in den Ozeanen langsamer als am Land. Die räumlichen Temperaturunterschiede im Meer sind ebenfalls viel geringer als an Land. Daraus ergibt sich für die meisten Meeresregionen überraschenderweise eine höhere Geschwindigkeit des Klimawandels.
Meere der Nordhalbkugel: Frühling beginnt zwei Tage früher
Vergleicht man beispielsweise einen Zeitraum von zehn Jahren, so beginnt der Frühling in den Meeren der Nordhalbkugel durchschnittlich zwei Tage früher, während es an Land weniger als 1,5 Tage sind. In der Nordsee werden Frühlingstemperaturen sogar 5-10 Tage früher erreicht.
„Das Meeresleben muss auf diesen Klimawandel durch Anpassung oder Abwanderung reagieren“, erläutert Professor Wolfgang Kießling vom Museum für Naturkunde in Berlin, einer der Autoren der neuen Studie.
Klimaänderung mit überraschender Komplexität
Die Wissenschaftler um Michael Burrows von der Scottish Association of Marine Science haben auch eine überraschende Komplexität der Klimaänderung ermittelt. Denn nicht immer zeigt die Richtung der Klimaerwärmung in Richtung Pol. Die Geschwindigkeit des Klimawandels ist nach Angaben der Forscher auch regional sehr unterschiedlich.
Neben der Nordsee sind es gerade Regionen mit hoher Biodiversität, zum Beispiel die tropischen Meere, welche sich rasant verändern. Dies allein sei schon beunruhigend, aber „besonders schlimm wird es, wenn die Erwärmung in Richtung Landmassen geht, wie zum Beispiel im Mittelmeer“, meint Kießling.
Meerestiere in der Falle
Dort geht die Richtung der Temperaturerhöhung nach Südfrankreich und Norditalien, was für die mit der Temperaturerhöhung wandernden Meerestiere bedeutet, dass es kein Entkommen gibt.
Ein Ausweichen in kühlere Meerestiefen sei für die meisten Meeresbewohner keine Option, meinen die Forscher. In tieferen Bereichen fehlten das Sonnenlicht und damit die pflanzliche Nahrung. Ohne Anpassung könnte es deshalb zu einem erhöhten Artensterben in den Meeren kommen. (Science, 2011)
(Museum für Naturkunde, 07.11.2011 – DLO)