Die globale Erwärmung wirkt sich auch auf unsere Arbeitswelt aus: Denn immer häufiger wird es im Sommer auch bei uns so heiß und schwül, dass wir kaum noch effektiv arbeiten können, die Produktivität sinkt. Bis 2050 könnte die globale Arbeitsleistung dadurch sogar um bis zu 20 Prozent sinken – und dies schon bei nur gemäßigtem Klimawandel, wie US-amerikanische Forscher im Fachmagazin „Natur Climate Change“ berichten.
Es herrscht brütende Hitze, der Schweiß rinnt und alles klebt – an einem heißen, schwülen Sommertag zu arbeiten, ist alles andere als angenehm. „Normalerweise sind Menschen daran angepasst, auch Temperaturen oberhalb ihrer Haut- und Körpertemperatur auszuhalten“, erklären John Dunne von der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) und seine Kollegen. Der Kühleffekt durch den auf der Haut verdunstenden Schweiß trage dazu bei, eine Überhitzung des Körpers zu vermeiden. Problematisch wird es allerdings, wenn der Schweiß nicht verdunsten kann – weil die Luft bereits mit Feuchtigkeit gesättigt ist. Zwar könne der Mensch selbst unter solchen Bedingungen stundenweise auch schwere körperliche Arbeiten verrichten, wie die Forscher berichten. Halte die Belastung aber länger an, beeinträchtige das selbst bei gesunden und angepassten Personen die Gesundheit, das zeigen Studien.
Index verrät Hitzebelastung
Unter anderem deshalb gibt es in vielen Ländern arbeitsmedizinische Vorschriften, die ab einer bestimmten Hitzebelastung verkürzte Arbeitszeiten und vermehrte Pausen vorschreiben. Gemessen wird der Hitzeeffekt dabei mit der sogenannten Wet-Bulb-Globe Temperatur (WBGT). Dabei werden Luftfeuchtigkeit, Lufttemperatur und die Wärmeaufnahme einer dunklen hohlen Kugel – des Schwarzkugelthermometers – gemessen. Weil die dunkle Kugel sich bei Sonneneinstrahlung ähnlich aufheizt, wie die menschliche Haut, lässt sich an ihr die Wärmebelastung in praller Sonne ablesen. Wird eine bestimmte Schwelle des WBGT-Index überschritten, müssen vor allem an extrem hitzeexponierten Arbeitsplätzen entsprechende Gegenmaßnahmen getroffen werden.
John Dunne und seine Kollegen haben nun anhand von Klimadaten und -modellen untersucht, wie häufig die unter anderem in den USA in Industrie und Militär gebräuchlichen WBGT-Schwellen heute im Vergleich zur Zeit vor der industriellen Revolution überschritten werden. In ihrem Modell prüften sie aber auch, wie sich der bis zum Jahr 2200 prognostizierte Klimawandel auf die WBGT-Werte und damit die Arbeits-Produktivität weltweit und in einzelnen Regionen auswirkt. Für ihre Klimamodelle berücksichtigten die Forscher dabei einmal ein Klimaschutz-Szenario mit einem Temperaturanstieg von nur rund zwei Grad Celsius bis 2100 und ein Worst-Case-Szenario mit einem Anstieg um 3,4 Grad bis 2100 und um 6,2 bis 2200.
Einbußen schon jetzt messbar
„Unseren Ergebnissen nach hat die gestiegene Wärmebelastung in den letzten Jahrzehnten dazu geführt, dass die weltweite Arbeitsleistung in den wärmsten Monaten auf nur noch 90 Prozent zurückgegangen ist“, berichten die Forscher. Besonders betroffen seien Indien, Südostasien, Mittelamerika und auch Nord-Australien. Bis 2100 aber, das zeigen die Modelle, werden sich die Zonen, in denen im Sommer extreme Hitze und Schwüle herrschen, deutlich ausbreiten.
Die heute über Indien liegende Hitzestress-Zone werde sich über einen Großteil Eurasiens ausdehnen, auch die Karibik und der Südosten der USA würden im Sommer häufiger die WBGT-Grenzwerte überschreiten, so Dunne und seine Kollegen. Ihren Schätzungen nach könnte durch diesen Hitzestress die globale Arbeitsleistung selbst beim gemäßigten Szenario bis 2050 um rund 20 Prozent absinken, bis 2100 um 25 Prozent.
Schwülwarm auch in den gemäßigten Breiten
Unter dem Szenario einer nahezu ungebremsten Erwärmung wird es noch heißer und schwüler, wie die Modelle zeigen: Weite Teile der Tropen und der gemäßigten Breiten würden dann im Sommer mehrere Monate lang extremen Hitzestress erleben. Das Klima der US-Hauptstadt Washington DC entspräche dann dem im heutigen New Orleans, das von New Orleans dem im heutigen Bahrain, wie die Forscher erklären. Dort herrscht schon heute eine extrem hohe Luftfeuchtigkeit und im Sommer Temperaturen von nahe 40 Grad Celsius.
Entsprechend fatale Auswirkungen hätte dies auf die Produktivität: Verläuft der Klimawandel weitgehend ungebremst, wären bis 2100 Einbußen von bis zu 40 Prozent zu erwarten, bis 2200 sogar um 60 Prozent. In den kommenden Jahrzehnten könnten der Klimawandel daher auch gravierende Auswirkungen auf die Arbeitswelt haben, warnen Dunne und seine Kollegen.
Wie die Wissenschaftler betonen, ist ihre Analyse allerdings auch mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. So ist beispielsweise unklar, wie gut die verwendeten Klimaszenarien das Klima der Zukunft tatsächlich abbilden. Auch technologische und gesellschaftliche Veränderungen, die auch die Arbeitswelt betreffen, sind nicht berücksichtigt. Andererseits gehe die Studie nur von den Auswirkungen des Hitzestresses auf gesunde, gut angepasste Personen aus, sagen Dunne und Kollegen. Die Auswirkungen auf Menschen, die gesundheitliche Probleme haben oder sich nicht gut anpassen können, seien daher eher erheblich unterschätzt. (Nature Climate Change, 2013; doi: 10.1038/nclimate1827)
(Natur Climate Change, 25.02.2013 – NPO)