Die globale Erwärmung könnte im Extremfall bereits im nächsten Jahrhundert für Menschen nicht mehr ertragbare Temperaturen erreichen. Das zeigt eine jetzt in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences” (PNAS) veröffentlichte Studie. Darin kalkulierten Forscher die höchste für den Menschen tolerierbare Feuchttemperatur und ermittelten, ob und wann diese erreicht werden könnte.
Wenn uns zu warm ist, beginnen wir zu schwitzen. Die auf unserer Haut verdunstende Feuchtigkeit wirkt kühlend, weil sie der Haut und der darüber stehenden Luft Wärme entzieht. Die Temperatur, die die solchermaßen gekühlte Luft besitzt, wird als Feucht- oder Feuchtkugeltemperatur bezeichnet. Sie liegt meist deutlich unter der normalen Lufttemperatur. Gemessen wird sie mit Thermometern, die von einem feuchten Tuch bedeckt und einem stetigen Luftstrom ausgesetzt sind. Wir Menschen ertragen Feuchttemperaturen oberhalb von 35°C nur für begrenzte Zeit, denn unser körpereigenes Kühlungssystem funktioniert nur dann, wenn die Feuchttemperatur niedriger ist als die Temperatur unserer Hautoberfläche.
Menschliche Feuchttemperaturgrenze liegt bei 35°C
„Obwohl in vielen Regionen der Erde regelmäßig Temperaturen oberhalb von 38°C herrschen, sind richtig hohe Feuchttemperaturen selten“, erklärt Matthew Huber, Professor für Geo- und Atmosphärenwissenschaften an der Purdue Universität. „Das liegt daran, dass die heißesten Gebiete normalerweise niedrige Luftfeuchten haben. Wenn es trocken ist, können wir unseren Körper durch Schwitzen kühlen und es dadurch noch gut tolerieren.“
Die höchsten jemals gemessenen Feuchttemperaturen gab es, wie der Forscher berichtet, unter anderem in Saudi Arabien nahe der Küste. Dort transportieren die Winde manchmal extrem heiße, feuchte Meeresluft über das heiße Land und schaffen unerträglich drückende Bedingungen. Solche Verhältnisse halten jedoch meist nur für kurze Zeit an. Anders dagegen sieht es auch, wenn hohe Feuchttemperaturen über einen längeren Zeitraum anhalten. Dann kann der Körper die von ihm erzeugte Wärme nicht mehr ableiten und wir überhitzen.
Wann und wo wird diese Grenze erreicht?
Steven Sherwood, Professor am Climate Change Research Centre der Universität von New South Wales in Australien, führte die Studie gemeinsam mit Huber durch. „Das Feuchttemperatur-Limit ist der Punkt, an dem man überhitzen würde, selbst wenn man nackt, völlig nass und vor einem großen Ventilator im Schatten stehen würde“, so Sherwood. „Obwohl wir solche Temperaturen in diesem Jahrhundert nicht erreichen werden, könnte dies im nächsten schon der Fall sein.“
Huber und Sherwood haben nun mit Hilfe von Klimamodellen ermittelt, wann und wo auf der Welt solche Feuchttemperaturgrenzen erreicht werden könnten. Während das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) bei seinen „Business-as-usual“-Szenarien vier bis sechs Grad Erwärmung bis 2100 für möglich hält, könnten es langfristig deutlich mehr werden – mit entsprechenden Folgen.
Erste Grenzüberschreitungen schon bei sieben Grad Erwärmung
„Wir haben festgestellt, dass schon eine Erwärmung von knapp sieben Grad zu einer Überschreitung der Feuchttemperaturgrenze in einigen Regionen der Erde führen würde, eine Erwärmung um zwölf Grad würde die Hälfte der Weltbevölkerung in eine unbewohnbare Umwelt versetzen“, so Huber. „Ganze Länder wären immer wieder extremem Hitzestress ausgesetzt, was Anpassungsmaßnahmen in großem Maßstab erforderte. Man kann sich vorstellen, dass solche Maßnahmen, beispielsweise in Form von Klimaanlagen, den Stromverbrauch in die Höhe katapultieren würden und das wiederum wäre für viele der am stärksten betroffen Länder der Dritten Welt nicht finanzierbar.“
Zeit zum Handeln nutzen
Nach Angaben der Forscher hat es solche Bedingungen zuletzt vor rund 50 Millionen Jahren gegeben, lange vor der Entwicklung unserer Hominiden-Vorfahren. „Es besteht eine legitime Möglichkeit, dass die Erde solche Temperaturen erneut erleben wird“, so Huber. „Wenn wir diese Worst-Case Szenarien jedoch früh genug berücksichtigen, können wir vielleicht etwas tun, um das Risiko mit Hilfe von Klimaschutzmaßnahmen zu mindern oder technologische Fortschritte zu entwickeln, die es uns ermöglichen, uns anzupassen.“
(Purdue University, 07.05.2010 – NPO)