Es wird teuer: Geht der Klimawandel ungebremst weiter, werden seine Folgen die Menschheit bis zum Jahr 2100 gut sieben Prozent des globalen Pro-Kopf-Einkommens kosten. Betroffen sind davon jedoch keineswegs nur die armen, tropischen Länder, sondern auch viele reiche, vermeintlich klimatisch begünstigte Staaten, wie Forscher ermittelt haben. Demnach bringen schon kleine Abweichungen von der historischen Mitteltemperatur wirtschaftliche Einbußen mit sich.
Ob dürrebedingte Ernteausfälle, Überschwemmungen durch den Meeresspiegelanstieg, Schäden durch Feuer und Stürme oder aber Infrastrukturschäden durch tauenden Permafrost: Überall auf der Welt machen sich die negativen Folgen des Klimawandels bereits bemerkbar. Doch wen wird es am härtesten treffen? Bisher gehen die Ansichten dazu auseinander: Einige Studien prognostizieren hohe Kosten auch für reiche Länder wie die USA, andere dagegen sehen gerade für Länder in kühleren Klimazonen sogar ökonomische Vorteile.
Historische Klimanorm als Optimum
Welche Länder tatsächlich für den Klimawandel bezahlen werden und wie viel, haben nun Matthew Kahn von der University of Southern California und seine Kollegen ermittelt. Für ihre Studie entwickelten sie ein ökonomisch-mathematisches Modell, das aufzeigt, wie sich das Bruttoinlandsprodukt (BIP) langfristig verändert, wenn die Temperaturen von der langjährigen historischen Norm abweichen. Ausgangsdaten waren Wirtschafts- und Klimadaten von 174 Ländern von 1960 bis 2014. Für die Prognose bis 2100 gingen die Forscher von einem Szenario mit ungebremster Erwärmung (RCP 8.5) und einem mit Erreichen der Pariser Klimaziele aus.
Die Auswertungen ergaben: Schon in den letzten Jahrzehnten haben wiederholte oder anhaltende Temperaturabweichungen von der historischen Norm in vielen Ländern zu ökonomischen Einbußen geführt. Konkret rechneten die Forscher aus, dass pro 0,01 Grad jährlicher Abweichung vom langjährigen Mittel das Einkommenswachstum um 0,054 Prozent pro Jahr sinkt. „Anhaltende Veränderungen des Klimas haben klar negative langfristige Auswirkungen auf das ökonomische Wachstum“, so die Forscher. „Die Ökonomie des Klimawandels reicht weit über die Auswirkungen auf Ernten hinaus.“
Verluste sind unausweichlich – aber die Höhe variiert
Was aber bedeutet dies für die Zukunft? Nach den Prognosen der Forscher könnte ein ungebremster Klimawandel weltweite ökonomische Verluste von sieben Prozent des globalen Pro-Kopf-Einkommens verursachen. „Zwar könnte eine rechtzeitige Anpassung an die Klimafolgen diese negativen Langzeiteffekte mildern. Es ist aber sehr unwahrscheinlich, dass sie sie komplett ausgleichen kann“, betonen die Wissenschaftler.
Würde man es dagegen schaffen, die Klimaziele von maximal zwei Grad Erwärmung einzuhalten, würde dies zwar kurzfristig zu Kosten führen. Dafür jedoch sinken die langfristigen ökonomischen Einbußen durch Klimafolgen auf nur noch 1,05 Prozent bis 2100, wie die Forscher berichten. „Wenn die entwickelten Nationen einen größeren wirtschaftlichen Schaden in den kommenden Jahrzehnten abwenden wollen, wäre das Pariser Klimaabkommen daher schon mal ein guter Anfang“, so Koautor Kamiar Mohaddes von der University of Cambridge.
Einbußen auch für reiche, kühle Länder
Betroffen wären von diesen Einbußen jedoch keineswegs nur die armen, tropischen Länder: „Diese negativen Effekte sind universell – sie treffen alle Länder, ob reich oder arm, warm oder kalt“, betonen die Forscher. Ihren Berechnungen nach sinkt das Bruttoinlandsprodukt aller Länder bis 2030 um 0,5 bis 1,20 Prozent. Bis zum Jahr 2100 steigern sich diese Verluste auf Werte zwischen 4,35 und 10,52 Prozent.
Konkret könnte dabei das Bruttoinlandsprodukt der USA bis 2100 um 10,5 Prozent schrumpfen, das von Japan, Indien und Neuseeland um zehn Prozent, wie Kahn und sein Team ermittelten. Russland muss mit Einbußen von neun Prozent rechnen, die EU und China könnten immerhin noch zwischen vier und fünf Prozent ihres BIP verlieren. Selbst die reiche Schweiz käme nicht ungeschoren davon – im Gegenteil: Ihr Einkommen könnte sogar um zwölf Prozent sinken.
„Die Idee, dass die reichen, in gemäßigten Klimazonen liegenden Nationen ökonomisch immun gegen den Klimawandel sind oder sogar von ihm profitieren könnten, ist im Licht dieser Ergebnisse einfach nicht plausibel“, sagt Mohaddes. (NBER Working Paper No. 26167, 2019; doi: 10.3386/w26167)
Quelle: University of Cambridge, National Bureau of Economic Research