Gäbe es den Menschen nicht, würde die Erde bereits in 1.500 Jahren einer neuen Eiszeit entgegensteuern. Das hat ein internationales Forscherteam festgestellt. Doch die vom Menschen in die Atmosphäre abgegebenen Treibhausgase verhindern diese Abkühlung. Der Anbruch der nächsten Eiszeit werde dadurch noch um zehntausende von Jahren verzögert, berichten die Forscher im Fachmagazin „Nature Geoscience“. Das bedeute aber nicht, dass der menschengemachte Klimawandel positiv zu bewerten sei, betonen die Wissenschaftler. Es zeige stattdessen, wie drastisch der Mensch in natürliche Zyklen unseres Planeten eingreife.
Für ihre Studie hatten die Wissenschaftler astronomische Modelle und Daten zu klimatischen Schwankungen der Vergangenheit ausgewertet und diese mit der heutigen Situation verglichen.
Dabei stellten sie fest, dass die heutigen Merkmale von Erdbahn, Erdachse und Sonneneinstrahlung sehr den Verhältnissen vor 780.000 Jahren gleichen. Damals hätten die astronomischen Faktoren nach kurzer Zeit zu einer starken Abkühlung und dem Beginn einer neuen Eiszeit geführt, sagen die Forscher. Die Analogie zu den heutigen Verhältnissen deute darauf hin, dass sich die Erde auch heute am Ende einer Warmzeit befinde. Dieser Trend werde jedoch durch die menschengemachte Erwärmung des Planeten überdeckt.
Lägen die Kohlendioxidwerte in der Atmosphäre heute nicht bei 390 Teilchen pro einer Million Luftteilchen (parts per million, ppm), sähe die Entwicklung anders aus, prognostizieren Chronis Tzedakis vom University Collge London und seine Kollegen: „Wenn die Werte heute bei 240 ppm oder weniger liegen würden, wäre die jetzige Warmzeit schon innerhalb der nächsten 1.500 Jahre zu Ende“, schreiben sie.
„Keine gute Nachricht“
„Das mag wie eine gute Nachricht klingen, ist es aber eher nicht“, kommentiert Jim Channell von der University of Florida, einer der Autoren der Studie. Denn diese Entwicklung zeige sehr deutlich den drastischen Einfluss menschlicher Emissionen. Millionen Jahre lang seien die Kohlendioxidwerte nie über 280 ppm angestiegen, erklärt der Forscher. Der Mensch habe sie aber innerhalb von nur 150 Jahren auf einzigartig hohe Werte erhöht. Er verändere damit einen natürlichen Zyklus, der unsere Erde seit Jahrmillionen geprägt habe. Das mache die Zukunft sehr viel unberechenbarer – und beschere der Menschheit Klimafolgen wie steigende Meeresspiegel und schmelzende Eisdecken.
Schwankungen von Erdbahn und Erdachse beeinflussen Klima
Winzige Schwankungen von Erdbahn, Erdachse und Sonneneinstrahlung sorgen seit Millionen von Jahren dafür, dass das irdische Klima in fast regelmäßigen Abständen zwischen warmen und kälteren Perioden wechselt. Die letzten warmen Perioden zwischen zwei Eiszeiten lagen dabei meist rund 11.000 Jahre auseinander.
Die gegenwärtige Warmzeit dauert bereits rund 11.600 Jahre an, theoretisch wäre eine neue Eiszeit demnach längst überfällig. Bisher sei jedoch unklar gewesen, ob die zurzeit herrschenden astronomischen Faktoren tatsächlich eine neue Abkühlung fördern würden, sagen die Forscher. Der Vergleich mit vergangenen Warmzeiten zeige nun, dass dies ohne die erhöhten CO2-Werte tatsächlich der Fall wäre. (Nature Geoscience, 2012; doi:10.1038/ngeo1358)
(Nature, 10.01.2012 – NPO)