Ein 1.620 Meter langer Eiskern, der im Rossmeersektor der Antarktis gebohrt wurde, hat Vermutungen von Forschern bestätigt: Das Klima am Ende der letzten Eiszeit hat sich nach dem Muster der so genannten „bipolaren Wippe“ verändert. Die Wissenschaftler stellen ihre richtungsweisenden neuen Ergebnisse jetzt auf der Internetseite des Magazins „Nature Geoscience“ vor.
Aus bisherigen Untersuchungen grönländischer und antarktischer Eiskerne ist bekannt, dass sich der Süden während einer Kaltphase im Norden erwärmt hat, während der nachfolgende rapide Temperaturanstieg auf der Nordhalbkugel immer mit dem Beginn der Abkühlung im Süden einsetzte.
„Talos Dome Ice Core Project“
Dieses Phänomen, das als „bipolare Wippe“ bezeichnet wird, haben Wissenschaftler jetzt erstmals für das Ende der letzten Eiszeit nachgewiesen. Im Zeitraum von 16.000 bis 14.500 Jahren vor heute zeigten sich zudem in der Antarktis deutliche Unterschiede im Verlauf der Temperaturschwankungen zwischen dem indisch-pazifischen und dem atlantischen Sektor.
„Diese Schwankungen sind von einem verlangsamten Anstieg des Kohlendioxidgehalts in der Atmosphäre und einer leichten Abkühlung auf Grönland begleitet“, sagt der Glaziologe Sepp Kipfstuhl vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, der im „Talos Dome Ice Core Project“ (TALDICE) mitarbeitet.
Das Verständnis und die Simulation der „bipolaren Wippe“ sowie des klimatischen Verlaufs in den der Antarktis vorgelagerten Meeresgebieten und ihr Wechselspiel mit den Kohlenstoffkreisläufen sei gerade für die Modellierung des Erd- und Klimasystems von großer Wichtigkeit, so Kipfstuhl.
Eiskern enthüllt Klimageschichte der vergangenen 250.000 Jahre
Der neue, auf dem Talos Dome gebohrte Eiskern eignet sich für die Untersuchungen besonders gut, da er eine ungestörte Klimazeitreihe der vergangenen 250.000 Jahre bietet. Es ist die bisher längste Zeitreihe aus einem küstennahen Gebiet der Antarktis.
Der Glaziologe Hans Oerter vom Alfred-Wegener-Institut hat schon viele Eiskerne gezogen und auf seinem Labortisch untersucht, aber dieser neue Kern sei tatsächlich ein Glücksfall für die Wissenschaft: „Der Eiskern erlaubt die atmosphärischen und klimatischen Veränderungen der Vergangenheit mit einer so hohen zeitlichen Auflösung zu beschreiben, wie sie bislang bei keinem Kern der Ostantarktis möglich gewesen ist.“
Behutsam wurde der Kern dann auch im Eislabor des Alfred-Wegener-Instituts zersägt, um die einzelnen Probestücke an die unterschiedlichen Labore der am Projekt beteiligten Institute zu versenden. Diese Arbeiten nahmen insgesamt drei Monate in Anspruch. Bei den anschließenden Untersuchungen gelang es den Wissenschaftlern, die neuen Klimazeitreihen präzise mit den bereits vorliegenden Zeitreihen aus anderen antarktischen und grönländischen Eiskernen zu synchronisieren.
Neues synchronisiertes Altersmodell
Sie benutzten dazu die globalen Schwankungen der Methankonzentration, die in den Luftblasen im Eis archiviert sind und in Grönland und in der Antarktis gleichzeitig auftreten. Basierend auf diesem neuen synchronisierten Altersmodell konnten die Wissenschaftler die zeitlich hoch aufgelösten Zeitreihen der Temperaturdaten innerhalb der Antarktis und auf Grönland dann miteinander vergleichen.
(Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, 06.12.2010 – DLO)