Neue Ausgrabungen in der syrischen Königsstadt Qatna haben überraschende Funde ans Tageslicht gebracht: Schmuckstücke aus Gold und Edelsteinen, Alabastergefäße, Elfenbeinarbeiten, kleine Figurinen, Einlegeplättchen und Keramiken lagen zwischen den menschlichen Überresten in einer bereits im Vorjahr entdeckten Gruft unter dem Königspalast.
Seit dem Beginn der Grabungskampagne Mitte Juli 2010 wurden von den Archäologen um Professor Peter Pfälzner und Heike Dohmann-Pfälzner vom Institut für die Kulturen des Alten Orients (IANES) der Universität Tübingen und Hikmet Awad (Homs, Syrien) 379 Fundstücke in der Gruft registriert.
Reger Kontakt zwischen Qatna und Ägypten?
Von besonderem Interesse sind den Wissenschaftlern zufolge zahlreiche ägyptische Gegenstände, die auf einen regen Kontakt und Austausch zwischen dem syrischen Königtum Qatna und dem Reich der Pharaonen hinweisen. Dazu zählen eine glasierte Steinfigur eines Nilpferds mit einer auf den Körper aufgemalten Sumpflandschaft, eine winzige Sphinx aus orange-rotem Karneol und viele ägyptische Salbgefäße aus Kalzit-Alabaster.
Hervorzuheben sind nach Angaben der Forscher zudem zwei kleine, fein gearbeitete, fast durchsichtige Gefäße aus Bergkristall. Unter den Schmuckstücken sind ein Goldring mit einem darin eingesetzten dekorierten Siegel aus Lapislazuli sowie eine goldene Plakette zum Aufnähen mit eingraviertem Lebensbaummotiv besonders zu erwähnen. Zahlreiche Gewandnadeln aus Bronze und aus Gold ergänzen das Grabinventar. Dieses datiert in die Zeit zwischen 1650 und 1550 vor Christus, was unter anderem durch ein vor kurzem im Grab gefundenes originales Siegel einer ägyptischen Königsmutter bestätigt wird.
Viele menschliche Skelettteile entdeckt
Außerdem entdeckten die Ausgräber bei der diesjährigen Kampagne in den beiden Grabkammern eine große Zahl menschlicher Skelettteile. Die Knochen waren in dichter Packlage in ehemaligen Holzkisten verstaut, von denen Spuren zersetzten Holzes zeugen. Die Anzahl der hier Bestatteten lässt sich noch nicht bestimmen. Die Personen dürften nach Einschätzung der Wissenschaftler aber sicherlich zum Kreis der königlichen Familie von Qatna gehört haben.
Möglicherweise waren die Toten zunächst in der Königsgruft unter dem Palast von Qatna bestattet worden, die bereits 2002 vom deutsch-syrischen Team entdeckt worden war, und sind danach in diese Gruft umgebettet worden. Letztere könnte dann eine Nebengruft des Königshauses von Qatna gewesen sein.
Qatna: Blütezeit zwischen 1800 und 1600 vor Christus
Qatna war in der Mittleren und Späten Bronzezeit den Wissenschaftlern zufolge eines der bedeutendsten Königtümer Syriens. In seiner Blütezeit zwischen 1800 und 1600 vor Christus gehörte es zu den mächtigsten Staaten des Orients. Das Königtum existierte kontinuierlich bis zu seiner Zerstörung um 1340 vor Christus durch die Hethiter.
Die Ausgrabungen des syrisch-Tübinger Teams sind Teil eines internationalen Verbundes zur archäologischen Erforschung der kulturgeschichtlich bedeutenden Stadtanlage von Qatna, die zu den größten Städten der Bronzezeit zählte.
(idw – Universität Tübingen, 07.09.2010 – DLO)