Unterschätztes Reservoir: Unter unseren Füßen könnten sich große Mengen geologischen Wasserstoffs verbergen – und damit eine wertvolle Energiequelle. Geologen schätzen die Menge dieses unterirdischen Wasserstoffs auf global rund 5,6 Millionen Tonnen. Selbst wenn nur rund 100.000 Tonnen davon förderbar wären, könnte dieser Wasserstoff doppelt so viel Energie liefern wie alle Erdgas-Vorkommen der Welt zusammen, wie das Team in „Science Advances“ berichtet. Eine erste Karte zeigt bereits, wo sich in den USA solche Wasserstoff-Lagerstätten verbergen können.
Wasserstoff gilt als wichtiger Energieträger der Zukunft, das Gas ist aber schon jetzt Mangelware. Denn der Wasserstoff muss erst chemisch erzeugt werden – beispielsweise durch die Elektrolyse von Wasser oder die Methan-Reduktion. Natürliche Vorkommen im Untergrund galten bisher als nicht vorhanden oder zu klein für eine rentable Ausbeutung. Der Grund: Anders als Erdgas ist Wasserstoff extrem flüchtig und entweicht daher schnell aus dem Gestein. Zudem wird er von Mikroben der tiefen Biosphäre schnell verwertet und abgebaut.
Doch in den letzten Jahren mehren sich Hinweise darauf, dass es in der Erde doch geologische Wasserstoffvorkommen geben könnte. Geologen haben unter anderem in Mali und in Albanien Indizien für größere unterirdische H2-Reservoir gefunden. Unklar blieb aber, ob es sich bei diesen Wasserstoffreservoiren um seltene Ausnahmen handelt, oder um ein weiter verbreitetes Phänomen.
Wie viel Wasserstoff liegt unter der Erde?
Jetzt gibt es konkretere Informationen. Geoffrey Ellis und Sarah Gelman vom US-Geological Survey (USGS) nutzten für ihre Studie Daten zu Entstehung, Transport und Abbau von Wasserstoff im Untergrund, um mithilfe eines Modells die mögliche Menge unterirdischen Wasserstoffs weltweit zu errechnen. Dafür verglichen sie, wie viel Wasserstoff in verschiedenen Gesteinstypen entsteht und wie viel davon in Form von Reservoiren erhalten bleiben könnte.
Das Ergebnis: „Unsere Analysen deuten darauf hin, dass es unter der Erdoberfläche eine substanzielle Wasserstoff-Ressource gibt“, berichten Ellis und Gelman. „Sollte sich dies bestätigen, könnte dieser Wasserstoff signifikant zur Dekarbonisierung unserer Energieversorgung beitragen.“ Konkret ermittelten sie eine globale Menge von 10.000 bis zehn Millionen Tonnen natürlichen Wasserstoffs im Untergrund. „Der wahrscheinlichste Wert sind rund 5,6 Millionen Tonnen Wasserstoff“, so das Team.
Genug Energie für 200 Jahre
Allerdings: Wo und wie tief diese Wasserstoff-Reservoire liegen und wie gut sie zugänglich sind, geht aus den Analysen nicht hervor. Nach Einschätzung der Geologen wird aber nur ein Teil dieses unterirdischen Wasserstoffs auch nutzbar sein: „Aufgrund der Erfahrungen mit Erdöl und anderen Fluiden im Untergrund ist es wahrscheinlich, dass der unterirdische Wasserstoff oft in Vorkommen liegt, die zu tief, zu weit von der Küste entfernt oder zu klein sind, um wirtschaftlich rentabel gefördert zu werden“, schreiben Ellis und Gelman.
Aber selbst wenn man nur zwei Prozent der unterirdischen Wasserstoffvorkommen fördern würde – rund 100.000 Tonnen H2, könnte dies einen enormen Zugewinn an nutzbarer Energie bedeuten: „Allein diese Gasmenge enthielte rund 14 Billiarden Joule Energie – das ist ungefähr doppelt so viel wie die rund 8,5 Billiarden Joule in allen bekannten Gasreserven der Erde zusammen“, betonen die beiden Forschenden. Diese Energie sei immerhin ausreichend, um den globalen Energiebedarf für rund 200 Jahre lang mit Netto-Null-Emissionen zu decken.
Erste Karte des Wasserstoffpotenzials
Jetzt haben Ellis und Gelman auch eine erste Karte der potenziellen unterirdischen Wasserstoffvorkommen erstellt – zunächst für die USA. „Diese Karte ist die weltweit erste dieser Art im kontinentalen Maßstab“, so der USGS. Dafür ermittelten die Geologen, welche Gebiete in den USA die nötigen geologischen Voraussetzungen aufweisen – geochemische Quellen des Wasserstoffgases, geeignete Reservoirgesteine und undurchlässige Barrieren, um das Gas am Entweichen zu hindern.
Das Ergebnis ist eine Karte, die das potenzielle Vorkommen von unterirdischem Wasserstoff in relativen Werten darstellt. Der Index reicht von Null für Regionen mit wahrscheinlich keinem Wasserstoff bis zu Eins für Gebiete mit hohem Förderpotenzial – in der Karte in blau markiert. „Diese Karte ist spannend, denn sie enthüllt, dass einige Gebiete der USA unterirdische Wasserstoffreservoire aufweisen könnten“, sagt Sarah Ryker, Leiterin für Energie und Minerale beim USGS.
Der Karte zufolge könnte sich demnach eine gezielte Suche nach geologischem Wasserstoff vor allem in Michigan und Teilen des Mittleren Westens lohnen, außerdem im Südwesten der USA und in einigen östlichen Bundestaaten. „Diese Wasserstoffkarte ist ein wichtiger erster Schritt in der Erkundung dieser wertvollen Energieressource der Zukunft“, so das USGS. (Science Advances, 2024; doi: 10.1126/sciadv.ado0955)
Quelle: Science Advances, US Geological Survey