Rätselhafter Knick in der Kette: Eine Gruppe von Unterwasserbergen mit Musiker-Namen erklärt, warum die Inselkette von Hawaii an einer Stelle plötzlich abknickt. Offenbar herrschten vor 50 Millionen Jahren turbulente Zeiten im Pazifik, wie ein internationales Forscherteam herausgefunden hat. Die großräumigen tektonischen Veränderungen jener Zeit beschreiben die Wissenschaftler im Fachmagazin „Nature Geoscience“.
Wie die Inselkette von Hawaii entstanden ist, ist im Modell eigentlich sehr einfach: An einem vulkanischen Hotspot steigt besonders heißes Gestein in einem sogenannten Plume durch den Erdmantel in Richtung Erdkruste auf. Wie ein Schweißbrenner schmilzt es sich durch die Erdplatten hindurch und lässt einen Vulkan entstehen. Die Erdplatten stehen jedoch nicht still. Wandert nun beispielsweise die pazifische Platte über diesen Hotspot, entsteht im Laufe der Jahrmillionen eine ganze Kette von Vulkanen.
Vulkankette oder nicht?
Die Hawaii-Inseln markieren einen solchen aktiven Hotspot, während die Inseln und Unterwasserberge der schnurgeraden Kette in Richtung Nordwesten immer älter werden. Diese Vulkankette ist jedoch komplizierter als dieses einfache Modell: Etwa 3.500 Kilometer nordwestlich von Hawaii knickt sie plötzlich scharf nach Norden ab. Von dort an heißen die Unterwasserberge „Emperor-Kette“. „Bisher gab es verschiedene Theorien zur Ursache des Hawaii-Emperor-Knicks, aber keine wirklich belastbaren Erklärungen“, sagt Kaj Hoernle vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.
Wichtige Hinweise fanden Hoernle und seine Kollegen nun bei einer anderen Gruppe von Unterwasserbergen: den „Musicians Seamounts“ nördlich der Hawaii-Kette. Diese sind nach Komponisten wie Beethoven, Bach oder Donizetti benannt und galten lange ebenfalls als Hotspot-Vulkanspur. Die Forscher untersuchten nun Proben der musikalischen Berge geochemisch und datierten sie. Dabei stellte sich heraus: Die „Musicians Seamounts“ entstanden nicht als Kette nacheinander, sondern sind mit 47 und 53 Millionen Jahren alle ungefähr gleich alt.
Pazifische Platte „großräumig deformiert“
„Auch die geochemischen Analysen brachten eine Überraschung“, sagt Koautor Folkmar Hauff vom GEOMAR. „Denn die Zusammensetzung der Proben von den Musician-Seamounts ähnelt eher Vulkanen, die an mittelozeanischen Rücken entstehen als denen, die über einem Hotspot wachsen.“ Die Forscher vermuten daher, dass vor rund 50 Millionen Jahren große Brüche in der Pazifischen Erdplatte aufgetraten, die zur Entstehung dieser Vulkane geführt haben.
Dies war offenbar eine unruhige Zeit für den Pazifik: Aus früheren Studien ist bekannt, dass sich gleichzeitig im Nord- und Westpazifik ozeanische Erdplatten übereinander schoben. Eindrucksvolle Zeugen dieser Prozesse sind die Izu-Bonin-Marianen und der Aleuten-Inselbogen. „Unsere Analysen von den Musicians-Seamounts zeigen, dass all diese Ereignisse zusammenhängen könnten“, betont Hoernle, fasst zusammen: „Wir haben Belege dafür gefunden, dass die Pazifische Platte zwischen 47 und 53 Millionen Jahren vor heute großräumig deformiert wurde. Diese großräumigen Änderungen haben vermutlich auch den Knick in der Hawaii-Emperor-Kette verursacht.“ (Nature Geoscience, 2015; doi: 10.1038/ngeo2416)
(GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, 28.04.2015 – AKR)