GeoUnion

Korallen als El Niño-Archiv

Ereignisse der letzten 7.600 Jahre weisen größere Schwankungen auf als heute

El Niño © Helen McGregor

Die Schwankungen des El Niño-Phänomens sind in der Vergangenheit zum Teil noch viel extremer gewesen als heute. Dies zeigen Untersuchungen an Korallen von der Nordküste Papua-Neuguineas. Bis zu sieben Jahre und zum Teil auch noch heftiger als das El-Niño Ereignis 1997/98, immerhin das stärkste des 20. Jahrhunderts, veränderte das Klimaphänomenen die Umwelt.

In ihrer Doktorarbeit untersuchte die Meeresgeologin Helen McGregor vom DFG-Forschungszentrum Ozeanränder in Bremen bis zu 7.600 Jahre alte Korallen. Anhand des Anteils an O18, einer Variante des normalen Sauerstoffmoleküls konnte sie die Temperaturen des Oberflächenwassers und die lokale Menge des Regenwassers zurückverfolgen. Beides Faktoren, die durch El Niño stark beeinflusst werden.

Die größte Badewanne der Welt

„Papua-Neu Guinea und Indonesien liegen normalerweise in der größten Badewanne der Welt. Wassertemperaturen von über 28 Grad Celsius schwappen in dem so genannten pazifischen Warmpool“, erklärt McGregor. „Während eines El-Niño Ereignisses schwächen sich die Passatwinde ab, die das warme Wasser in dieser Ecke des Ozeans zusammendrängen. Dadurch verlagert sich die warme Wassermasse zum zentralen Pazifik.“ Die Folge: kühlere Temperaturen und bis zu einem Drittel weniger Regen für die Region, so dass die Ernten auf den Feldern verdörren. An anderen Stellen wirkt sich das Ereignis ganz anders aus. Vor der Küste Perus zum Beispiel, wo El Niño entdeckt wurde. Zu Weihnachten, der Name ist eine Anspielung auf das Chriskind, erwärmt sich hier in manchen Jahren das Meer. Nährstoffe können nicht aus der Tiefe aufsteigen, die Fischschwärme bleiben aus und Vögel und Fischer leiden Hunger. Dazu kommen unter anderem massive Regenfälle im Hinterland.

Entnahme eines Korallenbohrkerns © Helen McGregor

„Seit etwa 150 Jahren gibt es direkte Messwerte über die Auswirkungen von El Niño. Wollen wir jedoch die Vergangenheit untersuchen, brauchen wir Klimaarchive“, erklärt McGregor weiter. Korallen lagern in ihrem Kalkskelett je nach Wassertemperatur und Salzgehalt des Wassers unterschiedliche Verhältnisse von normalem und O18-Molekülen ein. Diese kann man messen und da Korallen ähnlich wie Bäume Wachstumsringe zeigen, auch sehr genau datieren. „Für unsere Untersuchungen bohren wir fossile, also abgestorbene Korallenstöcke an und hoffen, dass sie gut erhalten sind und genau den Zeitraum abdecken, den wir untersuchen wollen. Doch erst zu Hause im Labor können wir sie über die Radiocarbonmethode genau datieren.“ Unter dem Röntgengerät zeigen die Korallenproben etwa einen Zentimeter dicke jährliche Wachstumsringe. Anhand des unterschiedlichen Verhältnisses der beiden untersuchten Sauerstoffmoleküle können die Wissenschaftler herausfinden, wann ein El Niño stattgefunden hat und wie stark dieser war.

Extremereignisse in der Vergangenheit

Vorherige Korallenuntersuchungen hatten gezeigt, dass in den letzten 11.000 Jahren die auftretenden El Niños eher schwächer war als heute. Doch in einigen Studien zeigten sich ebenfalls extreme Ereignisse, wie McGregor sie in ihren Proben fand zum Beispiel in dem Zeitraum von 2.500 bis 1.700 Jahren vor heute. Bis dato waren die Extrem-Ereignisse der verschiedenen Studien nicht in Zusammenhang gebracht worden, obwohl sie heftiger und stärker waren als die jüngsten Ereignisse. Wie auch andere Studien vorher, belegt auch McGregors Studie, dass die Häufigkeit von El Ninos sich erhöht hat. Warum das so ist, darüber macht die Studie allerdings keine Aussagen.

„Ob die Menschen an der Schraube drehen oder es sich um einen natürlichen Prozess handelt, können wir noch nicht sagen“, wägt McGregor ab. Sie wird allerdings bei ihrer bevorstehenden Rückkehr nach Australien genau an diesem Thema weiterforschen. „Wir hoffen weitere Korallen aus diesem Zeitraum zu finden und vielleicht auch von verschiedenen Orten, die ein und dasselbe Extrem-Ereignis zeigen. Dann könnten wir die Reaktionen an verschiedenen Orten zeigen.“

(Kirsten Achenbach, DFG-Forschungszentrum Ozeanränder, 23.06.2006 – AHE)

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