Geowissen

Krankheitserreger in der Luft

Pflanzenbewässerung mit gereinigtem Abwasser verbreitet Viren auch in der Luft

Mit dem gereinigten Abwasser können sich auch Viren in der Luft verbreiten. © feraugustodesign/ pixabay

Ungesunde Praktik: Durch die Pflanzenbewässerung mit gereinigtem Abwasser können krankmachende Viren in der Luft verteilt werden. Sie steigen teilweise direkt beim Bewässern in die Luft, können aber auch noch Tage später vom Wind aus dem feuchten Boden aufgewirbelt werden, wie ein Experiment belegt. Gesundheitsgefahren durch solche Bewässerung sind daher nach Ansicht der Forscher nicht ausgeschlossen.

Die Landwirtschaft ist auf Wasser angewiesen, damit Pflanzen gut gedeihen und wir sie später als Nahrungsmittel nutzen können. Deswegen werden Felder in trockenen Gebieten zum Teil mit gereinigtem Abwasser bewässert. Das schont Trinkwasser-Ressourcen und düngt, durch den erhöhten Gehalt an Nährstoffen, gleichzeitig die Felder. Doch was sich auf den ersten Blick sinnvoll anhört, birgt auch Gefahren. Denn trotz Reinigung in der Kläranlage können im Abwasser noch Krankheitserreger enthalten sein. Über die Bewässerung gelangen sie in den Boden und die Nutzpflanzen auf den Feldern.

Selbst abseits der bewässerten Felder könnte Gefahr drohen – durch Wind und den beim Bewässern auftretenden Sprühnebel. Ob und wie sich Viren aus dem Abwasser auf diese Weise verbreiten können, haben Guillaume Girardin und Pierre Renault vom französischen Nationalinstitut für landwirtschaftliche Forschung nun untersucht.

Experimente im Windtunnel

Für ihre Studie führten die Forscher mehrere Windtunnel-Experimente durch. Dafür bewässerten sie Probeflächen typischer Ackerböden mit gereinigtem Abwasser, wie es beispielsweise im französischen Clermont-Ferrand für die Bewässerung von Feldern genutzt wird. Diesem Wasser setzten sie stellvertretend für krankmachende Darmviren ein Virus zu, das bei Mäusen fiebrige Erkrankungen auslöst, für den Menschen aber harmlos ist.

Um die Verbreitung der Viren zu testen, nahmen die Forscher bei verschiedenen

Windgeschwindigkeiten, Feuchtigkeitsgehalten der Bodenoberfläche und Temperaturen Luftproben windabwärts von den Bewässerungsflächen. Auf Basis der in den Proben gefundenen Viren entwickelten sie zudem ein mathematisches Modell, mit dem die Virenausbreitung unter verschiedenen Bedingungen berechnet werden kann.

Schon durch das Versprühen des Wassers, können Krankheitserreger in die Luft freigesetzt werden. © USDA

Sprühnebel aus Wasser und Viren

Der Test zeigte: Bei der Bewässerung und danach gelangen Viren aus dem gereinigten Abwasser in die Luft. Zwischen einem und 15 Prozent der Viren, die mit dem Wasser auf der Bodenoberfläche landeten, verbreiteten sich durch die Luft weiter. Bei bis zu 89 Prozent der Fälle passierte das nahezu unmittelbar – innerhalb der ersten halben Stunde nach der Bodenbewässerung.

Schon das Bewässern selbst erzeugt demnach einen feinen Wassernebel, mit dem die Viren in die Luft gelangen – ganz unabhängig vom Wind. „Die Aerosolbildung bei der Nutzung von Abwasser kann sowohl mengen- als auch geschwindigkeitsmäßig nicht vernachlässigt werden. Denn diese Effekte können auch an weniger windigen Tagen auftreten“, sagt Girardin

Noch Tage später verweht

Doch auch Tage nach einer Bewässerung kann ein Feld noch Viren freisetzen, wie die Windtunnel-Versuche ergaben. Feine Wassertröpfchen mitsamt der Viren werden dabei erst nach und nach durch den Wind vom Boden fortgerissen und verweht. Bis zu 90 Prozent dieser Viren stiegen sogar erst nach rund zehn Tagen in die Luft auf.

Die Stärke dieses verzögerten Effekts hängt dabei von mehreren Faktoren ab: Je höher die Windgeschwindigkeit ist und je mehr organisches Material das gereinigte Abwasser noch enthält, desto mehr Viren werden aufgewirbelt. Eine höhere Bodentemperatur dagegen fördert das schnelle Abtrocknen der Bodenoberfläche und verringert dadurch die Gefahr einer Virenverfrachtung.

Die Erkenntnisse sind brisant, da sich auf diese Weise auch Darmviren über die Luft verbreiten könnten. Sind sie im Abwasser enthalten, gelangen sie durch den Sprühnebel in die Luft und können eingeatmet werden und Infektionen auslösen. Laut den Forschern könnten ihre Erkenntnisse und ihr Modell daher Entscheidungsträgern helfen, Vorschriften und Normen für die Abwasserwiederverwertung bei der Bewässerung zu verfeinern. (Springer science & business 2016; doi: 10.1007/s13593-016-0393-7)

(Französisches Nationalinstitut für landwirtschaftliche Forschung, 17.10.2016 – HDI)

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