Mit Windgeschwindigkeiten von gut 180 Kilometern pro Stunde ist das Sturmtief „Kyrill" über Mittel- und Westeuropa hinweg gerast und hat eine Spur der Zerstörung hinterlassen. Er gilt als der schwerste Sturm seit 1999. Trotz der Vorwarnungen kamen insgesamt 34 Menschen ums Leben, allein in Deutschland starben zehn Personen. In einigen Regionen gab es Stromausfälle, der Zugverkehr wurde am Abend zur Sicherheit bundesweit vorübergehend unterbrochen.
{1l}
Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) sei „Kyrill“ der stärkste Orkan seit „Lothar“ an Weihnachten vor acht Jahren gewesen. Die stärksten Böen wurden auf dem Wendelstein in Bayern gemessen, sie erreichten eine Stärke von 202 Kilometern in der Stunde. Auf dem Brocken im Harz wurden 198 km/h gemessen, auf der Zugspitze 176 km/h sowie je 172 km/h auf der Wasserkuppe und dem Fichtelberg (je 172 km/h). Zunächst hatten Experten für die deutsche Nordseeküste auch eine Sturmflut erwartet, diese blieb jedoch aus, da der Sturm schneller als vorhergesagt abzog.
Auch heute ist in vielen Teilen des Landes der Verkehr noch nicht wieder aufgenommen worden, abgerissene Oberleitungen oder umgefallene Bäume auf den Gleisen blockierten die Strecken. Tausende Pendler, unter anderem in Nordrhein-Westfalen, saßen fest. Nach Angaben der Bahn könnten die Aufräum- und Reparaturarbeiten würden voraussichtlich den ganzen Tag dauern, mancherorts sogar darüber hinaus. Der Flugverkehr, gestern durch zahlreiche Annullierungen und Verspätungen behindert, soll allerdings heute wieder normal ablaufen. In vielen Bundesländern wurden am Donnerstag die Schulkinder früher nach Hause geschickt, in Bayern fällt auch am Freitag noch der Unterricht aus, da die Probleme im öffentlichen Nahverkehr anhalten.
Vorgeschmack des Klimawandels?
Nach Ansicht der Meteorologen lässt Sturm „Kyrill“ noch nicht als direkte Folge des Klimawandels deklarieren, er gilt aber sehr wohl als typisch für einen ungewöhnlich milden Winters. Für die Umweltorganisation WWF allerdings liefern die aktuellen Winterstürme durchaus bereits einen Vorgeschmack auf das Klima der Zukunft.
"Wenn wir den Klimawandel nicht in den Griff bekommen, werden die Winter noch ungemütlicher", darauf wies die Umweltorganisation bereits im vergangenen Jahr in seinem Report "Stormy Europe" hin. Die Temperatur steige in Europa tendenziell an, dadurch werde das Wetter unbeständiger. Es müsse deshalb davon ausgegangen werden, dass sowohl die Zahl als auch die Stärke der europäischen Winterstürme in Zukunft erheblich zunehmen dürfte, wenn es nicht gelinge, den Ausstoß an Treibhausgasen entscheidend zu drosseln.
Studie prognostiziert Zunahme der Winterstürme
Dem WWF Report zufolge müssen sich besonders Großbritannien und die Niederlande auf heftige Orkane einstellen. Die Klimamodelle rechnen hier mit einer Zunahme der Winterstürme um bis zu 25 Prozent. Auch Deutschland bleibt von den klimatischen Veränderungen nicht verschont. Die Wahrscheinlichkeit, dass schwere Stürme zuschlagen, steigt vor allem an der Küste um etwa zehn Prozent. Betroffen wären wichtige Häfen wie Hamburg und Bremerhaven und touristische Regionen, etwa die Nordseeinsel Sylt.
Besonders gravierend dürfte sich die prognostizierte Zunahme der Windgeschwindigkeiten von bis zu 16 Prozent auswirken "Mit der Windgeschwindigkeit steigt zugleich die Zerstörungskraft der Orkane.
Schon ein geringfügiger Anstieg der Spitzengeschwindigkeiten kann zu einer Vervielfachung der Schäden führen", erläutert Matthias Kopp, Klimaexperte beim WWF Deutschland. "Stürme wie "Lothar", der 1999 in Baden-Württemberg eine Spur der Verwüstung hinterließ, liefern einen Vorgeschmack auf das, was uns erwartet, wenn wir beim Klimaschutz scheitern."
(AFP, DWD,WWF, 19.01.2007 – NPO)