Das Erdbeben, das am 12. Mai die chinesische Provinz Sichuan erschütterte, kam in seiner Stärke unerwartet, selbst für Seismologen. Jetzt jedoch zeigen in „Nature Geoscience“ veröffentliche Analysen amerikanischer Forscher, dass man das Erdbebenrisiko anhand der topografischen Eigenheiten der Region hätte voraussehen können. Die topografische Analyse könnte ihrer Ansicht nach auch in anderen Gebieten mit tektonischen Verwerfungen zukünftig dazu beitragen, das Erdbebenrisiko besser abzuschätzen.
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„Die Landschaft selbst kodiert Information über die Raten und Muster der tektonischen Aktivität“, erklären Eric Kirby und Nathan Harkins von der Penn State Universität und ihr Kollege Kelin Whipple von der Arizona State Universität in ihrer Studie. Die Forscher nutzten topografische Analyse des Sichuan-Erdbebengebiets um eine Methode zu entwickeln, wie auch die Risikokarten anderer potenziell gefährdeter Regionen entsprechend verbessert werden können. Die Wissenschaftler untersuchten Charakteristiken wie unnormal steile Flussverläufe in digitalen Höhenmodellen und Veränderungen im Höhenprofil der Landschaft.
Landschaft spricht „deutliche Sprache“
Während vorherige Studien basierend auf Daten des Satellitenpositionierungssystems GPS immer zu dem Schluss gekommen waren, dass die nur langsame Verformung der Erdoberfläche auch auf nur schwache Spannungen im Untergrund und geringes seismisches Risiko hindeuten, spricht die Landschaft selbst eine andere Sprache, so die Forscher. Das zerklüftete Terrain weist im Gegenteil auf eine relativ aktive und bewegte Tektonik hin. Ähnliche Landschaftsformen finden sich beispielsweise im Himalaya – einem Gebiet, in dem sich zwei Krustenplatten schnell gegeneinander bewegen.
Anzeiger von Deformationen auch in der Tiefe
Nach Ansicht der Wissenschaftler kann die Topografie auch Deformationen der Erdkruste in der Tiefe anzeigen, selbst dort, wo kurzzeitige Satellitendaten dies nicht zu leisten vermögen. Ein Beispiel ist das tibetanische Hochplateau, in dem sich die Kruste auf ungewöhnlichem Wege verdickt. Nicht durch Verkürzung der oberen Krustenpartien, sondern vielmehr durch Fluss und Deformation in der unteren Kruste. „Dort, wo die Verkürzungsraten langsam sind und die Satellitendaten uneindeutig, kann die topografische Analyse dazu beitragen, das potenzielle Erdbebenrisiko besser zu identifizieren“, so Kirby.
„Das Beben von 2008 traf eine der Verwerfungen, die durch hohe Raten an Gesteinsauftrieb gekennzeichnet sind“, erklärt Kirby. „Die Topografische Analyse kann Implikationen dafür haben, potenzielle Orte von solchen Ereignissen in diesem Gebiet vorauszusehen.“ Mit Hilfe der Landschaftsanalyse können die Forscher sogar die Aktivität von blinden oder verborgenen Verwerfungen in schwer erreichbarem Gebiet analysieren.
(Penn State University, 23.07.2008 – NPO)