“Site Q” – diesen Namen gaben Archäologen einer bis dahin unbekannten Stadt der Maya, deren Existenz sie zwar annahmen, aber nicht beweisen konnten. Jetzt haben Wissenschaftler endlich die Relikte der lange Gesuchten entdeckt – in Guatemala.
Vor rund 40 Jahren wurde der Antiquitätenmarkt mit zahlreichen ausnehmend fein geschnitzten Figuren von offensichtlicher Maya-Herkunft geradezu überschwemmt. Trotz mangelnder Herkunftsnachweise kauften vielen Museen und private Sammler die Stücke auf. Wegen ihrer untereinander sehr ähnlichen Stile und Motive wurde vermutet, dass die Relikte aus einer bis dato unbekannten Quelle irgendwo im Peten-Flachland stammen müssten. Nach diesem „Site Q“ getauften Ort – Abkürzung für das spanische „Que“ –„was“ – haben seither zahlreiche Expeditionen gesucht.
Marcello Canuto, Professor für Anthropologie an der amerikanischen Yale Universität war im April diesen Jahres mit einem Forscherteam im Nordwesten der Peten Region Guatemalas unterwegs, um Vorerkundungen für eine nachfolgende, größere Expedition einzuziehen. Am letzten Tag im Lager stieß der Wissenschaftler dann auf eine Sensation: Er entdeckte eine Steinplatte mit mehr als 140 Maya-Hieroglyphen, die entscheidende und bisher fehlende 30 Jahre der Maya Geschichte beschreiben.
„Diese Platte spiegelt genau Stil, Größe, Thema und historische Chronologie der Site Q-Texte wieder“, erklärt Canuto. „Diese Entdeckung schließt damit eine der längsten und ausgedehntesten Jagden nach einer Maya Stadt in der Geschichte der Archäologie ab.“
Die Hieroglyphen belegen nicht nur die Existenz von “Site Q”, se stellen auch einen der längsten Hieroglyphentexte dar, die in Guatemala in den letzten Dekaden gefunden worden sind. Zudem scheinen die beiden Steinblöcke, aus denen die Platte besteht, völlig unbeschädigt zu sein und befinden sich noch in ihrer Originalposition in einer Tempelplattform.
“Die Entdeckung bestätigt die Existenz einer ‘königlichen Straße’, einer strategischen Überlandroute, die die Maya Hauptstadt mit ihren Vasallenkönigriechen in den südlichen Ebenen verbindet“, erklärt David Freidel, Teammitglied und Professor für Anthropologie an der Southern Methodist University. „Aus diesem Grund sollte darüber nachgedacht werden, die bewaldete Enklave Laguna del Tigre zum Weltkulturerbe zu erklären.“
(Yale University, 28.09.2005 – NPO)