Die Lockdowns im letzten Frühjahr haben nicht nur den Ausstoß von CO2 und Stickoxiden verringert, auch das bodennahe Ozon hat messbar abgenommen, wie Forscher ermittelt haben. Demnach sank die Ozonbelastung der Troposphäre auf der Nordhalbkugel um sieben Prozent und erreichte den tiefsten Wert seit mindestens 20 Jahren. Ursache dafür sind vor allem die während der Lockdowns drastisch verringerten Verkehrsemissionen.
Die Corona-Pandemie ist sogar an der Erdatmosphäre ablesbar: Weil Wirtschaft und Verkehr vor allem im Frühjahr 2020 drastisch einbrachen, sanken die Emissionen vieler Luftschadstoffe und Klimagase. Im ersten Halbjahr 2020 kam es dadurch zum stärksten Rückgang der CO2-Emissionen in der Geschichte und Satellitenmessungen zeigten ungewöhnlich geringe Stickoxidwerte – erst über China, dann über Norditalien und schließlich auch im Rest Europas.
Bodennahes Ozon im Blick
Jetzt belegt die Auswertung von globalen Messdaten, dass auch das bodennahe Ozon die Pandemie widerspiegelt. Die atemwegsreizende Sauerstoffverbindung entsteht, wenn Luftschadstoffe wie Stickoxide und flüchtige organische Kohlenwasserstoffe dem Sonnenlicht ausgesetzt sind. Dann laufen chemische Reaktionen ab, in deren Verlauf je nach Gleichgewicht Ozon entsteht oder wieder abgebaut wird.
Für ihre Studie haben Wolfgang Steinbrecht vom Deutschen Wetterdienst und seine Kollegen die Ozonmessdaten von 45 Messstationen weltweit ausgewertet. An diesen wird regelmäßig mit Ballonsonden, Lasermessinstrumenten und Spektrometern der Ozongehalt in verschiedenen Schichten der Atmosphäre gemessen. Die daraus resultierenden Monatswerte verglich das Team mit denen der letzten 20 Jahre.
Im Schnitt sieben Prozent weniger
Das Ergebnis: Im Frühjahr und Sommer 2020 ist das bodennahe Ozon in der Atmosphäre der Nordhalbkugel um durchschnittlich sieben Prozent zurückgegangen. „Auch die Werte der einzelnen Messstationen sind in der gesamten nördlichen extratropischen Troposphäre für Höhen zwischen einem und zehn Kilometern negativ gegenüber den Vorjahren“, berichten die Wissenschaftler. Insgesamt sei dies der größte Ozonrückgang der letzten 20 Jahre.
„Dies ist ein bemerkenswert großer und großräumiger Rückgang“, sagt Steinbrecht. „Am Hohen Peißenberg haben wir beispielsweise zuletzt 1976 so wenig Ozon in der freien Troposphäre im Sommer gemessen wie 2020 nach den Lockdowns. Der ungeplante weltweite ‚Corona-Großversuch‘ zeigt deutlich, wie komplex die Atmosphäre auf Emissionsminderungen reagieren kann. Er zeigt aber auch, was mit international abgestimmten Maßnahmen für die weltweite Luftqualität erreichen werden könnte.“
Verkehrsrückgang als Hauptgrund
Als Hautursache für den Rückgang der Ozonbelastung sieht das Forschungsteam die pandemiebedingten Einschränkungen im Verkehr. Im Mittel gingen 2020 die weltweiten Emissionen durch den Landverkehr um rund 14 Prozent, beim Flugverkehr sogar um 40 Prozent zurück. Dadurch gelangten weniger Ozon-Vorläufersubtanzen in die Atmosphäre und es konnte dort weniger Ozon gebildet werden.
Allerdings gilt dies nicht für Ballungsräume, in denen die Luftverschmutzung trotz Corona hoch war. Dort hat auch während der Lockdowns die Belastung mit bodennahem Ozon sogar um zehn bis 30 Prozent zugenommen. Dieser scheinbare Widerspruch erklärt sich dadurch, dass Stickoxide in eher klarer Luft mehr Ozon abbauen als bilden. In stark verschmutzter Luft verschiebt sich das Reaktionsgleichgewicht jedoch und es kann selbst bei einer Abnahme der Stickoxide zu vermehrter Ozonbildung kommen. (Geophysical Research Letters, 2021; doi: 10.1029/2020GL091987)
Quelle: Deutscher Wetterdienst