Unsere Vorfahren liefen schon vor 3,6 Millionen Jahren aufrecht und bewegten sich dabei nicht Schimpansen-ähnlich gebückt, sondern schritten mit geraden Beinen aus wie moderne Menschen. Das hat eine neue Analyse der von Australopithecus afarensis hinterlassenen Fußspuren von Laetoli in Tansania gezeigt. Wie amerikanische Forscher in der Fachzeitschrift „PLoS ONE” berichten, ist der „moderne“ Gang deutlich energieeffizienter.
Vor mehr als 30 Jahren entdeckten Wissenschaftler im tansanischen Laetoli menschliche Fußspuren in vulkanischer Asche. Die Sensation: die Spuren waren 3,6 Millionen Jahre alt. Hinterlassen wurden sie vermutlich von Australopithecus afarensis, dem damals in dieser Region lebenden Vormenschentyp, zu dem auch das berühmte Skelett „Lucy“ gehört. Sie gingen vermutlich schon aufrecht, besaßen aber noch Eigenschaften, die auf zumindest zeitweiligen Aufenthalt in Bäumen hindeuten. Bis heute ist umstritten, ob Lucy und Co bereits so stark aufgerichtet dahinschritten wie der moderne Mensch oder aber eher vornübergebeugt mit gebeugten Beinen.
Laufversuche im Sandkasten
Um dies zu klären, haben jetzt Wissenschaftler der Universitäten von Arizona, Albany und New York ein biomechanisches Experiment durchgeführt. Sie ließen Probanden mehrfach durch einen Kasten mit feuchtem Sand gehen, die Teilnehmer liefen dabei sowohl normal, aufgerichtet, als auch mit gebeugten Knien und damit eher Schimpansen-ähnlich gebückt. Ihre Bewegungen wurden per Motion Capture-Technik aufgezeichnet und die Fußabdrücke im Sand als dreidimensionale Modelle registriert.
Forscher um den Anthropologen Adam Gordon von der Universität von Albany analysierten dann die Fußabdrücke unter anderem auf die Einsinktiefen von Zehen- und Fersenbereich sowie weitere Parameter. Es zeigte sich, dass Zehen und Ferse ungefähr gleich tief einsinken, wenn eine Person aufgerichtet und mit geraden Beinen läuft. Nutzt sie jedoch den „Schimpansengang“ mit gebeugten Beinen, dann drücken sich die Zehen viel tiefer ein.
Überraschung in Laetoli
Was aber heißt dies für die Abdrücke von Laetoli? Das fanden die Forscher heraus, indem sie die gleichen Parameter an den 3,6 Millionen Jahre alten Fußspuren maßen und diese dann mit denen ihrer Sandkastenversuche verglichen. „Basierend auf vorherigen Analysen der Skelette von Australopithecus afarensis erwarteten wir, dass die Laetoli-Abrücke eher denen gleichen würden, die jemand hinterlässt, der Schimpansen-artig mit gebeugten Knien und Hüfte läuft als dem schreitenden Gang des modernen Menschen“, erklärt David Raichlen, Assistenzprofessor an der Universität von Arizona. „Aber zu unserer Überraschung fallen die Laetoli-Fußabdrücke vollständig in die Spannbreite der modernen menschlichen Abdrücke.“
Energieeffizienter Gang früher als gedacht
Die fossilen Spuren zeigen, wie die der heutigen Menschen, eine bemerkenswert ausgeglichene Einsinktiefe von Ferse und Zehen. Demnach müssen auch Lucy und Co bereits voll aufgerichtet und mit geraden Beinen gelaufen sein. „Diese Art des Gehens ist unglaublich viel energieeffizienter“, so Raichlen. „Das deutet daraufhin, dass reduzierte Energiekosten in der Evolution des aufrechten Ganges schon vor der Entstehung unserer eigenen Gattung Homo eine wichtige Rolle spielten.“
Die neuen Ergebnisse geben auch einen Einblick in den zeitlichen Ablauf der Entwicklung: „Faszinierend ist, dass es darauf hindeutet, dass unsere Vorfahren damals bereits einen hocheffizienten Gang ähnlich dem der modernen Menschen entwickelte hatten, obwohl sie da noch einen größeren Teil ihrer Zeit in den Bäumen verbrachten“, erklärt Gordon. „Denn aus den Fossilfunden geht hervor, dass diese Vormenschen erst mehr als eine Million Jahre nachdem diese Spuren entstanden, die Welt der Bäume vollständig und endgültig verließen und auf das Leben auf dem Boden umstellten. Die Tatsache, dass ein zeitweise baumbewohnender Primat wie Lucy einen so bemerkenswert modernen Gang besaß zeugt davon, wie wichtig Energieeffizienz ist, wenn man auf zwei Beinen herum läuft.“
(University of Arizona, 22.03.2010 – NPO)