Magma aus dem Erdinneren enthält Informationen über die chemische Zusammensetzung des Erdmantels. Doch entgegen der bisherigen Ansicht liefert das geschmolzene Gestein keineswegs Daten über das Erdinnere bis in 200 Kilometer Tiefe. Denn „lediglich“ zwei bis zwanzig Kilometer tief lassen sich Rückschlüsse ziehen, wie nun Geologen in „Nature“ berichten.
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Magma ist das Endprodukt einer langen Reihe von chemischen Prozessen und besteht aus Gesteinsschmelze und Kristallen. Aufgrund von Schmelzeinschlüssen in diesen Kristallen schließen Geologinnen und Geologen auf die chemische Zusammensetzung des Erdinnern. Eine neue Studie, durchgeführt an der Australian National University (ANU), rüttelt nun an den bisherigen Annahmen: Die Chemie der Einschlüsse widerspiegle nicht die vorherrschenden Bedingungen bis in rund 200 Kilometern Tiefe – sondern nur bis in rund 2 bis 20 Kilometern Tiefe.
Das Magma mit den Schmelzeinschlüssen entsteht im rund 3.000 Kilometer dicken Erdmantel, bewegt sich aus der Tiefe hinauf Richtung Erdoberfläche, wo es schließlich in so genannten Magmakammern in 2 bis 20 Kilometern unter der Erde lagert und sich chemisch weiterentwickelt. Beim Wachsen von Olivin-Kristallen, der häufigsten im Erdmantel-Magma enthaltenen Silikatart, wird ein kleinstes Schmelztröpfchen in das Kristallgitter eingeschlossen. Die Wissenschaft ging bislang davon aus, dass dieser Schmelzeinschluss nach seiner Bildung von der Umgebung hermetisch abgeriegelt ist und somit den chemischen Zustand einer Erdschicht in einer klar definierten Tiefe widerspiegelt.
Laborversuche von Carl Spandler von der Australian National University zeigten jedoch, dass die Schmelzeinschlüsse auch nach der Bildung über Diffusion mit der Umgebung „kommunizieren“, so Thomas Pettke von der Universität Bern. Ihre chemische Zusammensetzung könne sich sogar innerhalb von Tagen ändern, viel schneller als angenommen. Damit gälten die Einschlüsse nicht mehr als „absolutes Tiefensignal“, folgern die Forscher. „Konkret werden diese Ergebnisse unsere Vorstellungen über die chemische Entwicklung und Prozesse im Erdinneren stark beeinflussen. Sie geben beispielsweise neue Anhaltspunkte darüber, woher Vulkane gefüttert werden“.
Mit dem Laserstrahl auf Spurensuche
Das Diffusionsverhalten der Schmelzeinschlüsse analysierte Spandler mit der neuartigen Analysetechnik der Laser-Ablation: Ein Laserstrahl brennt mit höchster Energie einen Fleck auf die Kristallprobe. Durch Verdunstung wird ein Aerosol des Materials frei, welches sofort über einen Gasstrom ins so genannte Plasma-Massenspektrometer geschleust wird. „Durch die Ionenanalyse können wir selbst kleinste Mengen – ein Milligramm pro Tonne – fast aller vorhandenen Elemente analysieren“, so Pettke. Mit dieser Technik können nahezu alle Festkörper chemisch analysiert werden. Die Forschungsschwerpunkte von Spandler und Pettke sind die Analyse von Einschlüssen von Mineralien: „Grundlagenforschung, die – wie wir sehen – von großer Tragweite sein kann“, so Pettke. Laut den Forschern müssten nun einige „goldene Wahrheiten in der Erdwissenschaft neu überdacht werden“.
(Universität Bern, 21.05.2007 – AHE)