Verwirrender Widerspruch: Überall auf dem Mars finden sich Spuren alter Flüsse und Seen. Doch wie sich jetzt zeigt, war das Klima dafür offenbar niemals warm genug. Das jedenfalls belegen Messungen des Marsrovers Curiosity. Sie enthüllen, dass die Marsatmosphäre selbst zu seinen wärmsten Zeiten nicht genügend CO2 und damit Treibhausgas enthielt. Wieso auf dem Mars trotzdem Gewässer existierten, stellt Planetenforscher nun vor ein Rätsel.
Eigentlich schien es längst geklärt: Der Mars ist zwar heute eisig und lebensfeindlich, hatte aber vor Milliarden Jahren ein viel wärmeres, feuchtes Klima. Ablagerungen von Tonmineralen und Schichtsilikaten gelten zudem als Indizien dafür, dass es auf dem Planeten einst Seen, Flüsse und vielleicht sogar Ozeane gab.
Rätsel des fehlenden Karbonats
Seltsam allerdings: Auf der Erde hinterlassen solche Gewässer typischerweise auch Karbonat-Ablagerungen. Diese Sedimentgesteine werden gebildet, wenn die Atmosphäre und damit auch das Wasser genügend Kohlendioxid enthält. Doch auf dem Mars haben Orbitersonden bisher so gut wie kein Karbonat gefunden – es müsste aber eigentlich existieren.
Der Grund: Gängiger Theorie nach war es vor rund 3,5 Milliarden Jahren auf dem Mars nur deshalb warm genug für flüssiges Wasser, weil eine dichte CO2-Atmosphäre für genügend Treibhauseffekt sorgte. Erst diese Heizwirkung hätte die Temperaturen trotz der damals noch schwächeren Sonne aus dem Frostbereich befördert. Als dann später die Atmosphäre ausdünnte, wurde es auf dem Roten Planeten kalt, so die Theorie.
Spurensuche im marsianischen Seesediment
„Deshalb war es ein Mysterium, warum wir aus dem Orbit kaum Karbonat finden konnten“, sagt Thomas Bristow vom Ames Research Center der NASA in Moffett Field. „Man kann sich nur aus diesem Dilemma helfen, wenn man sagt, dass die Karbonate trotzdem da sein müssen – vielleicht nur von Staub begraben oder an andere Stellen als wir gesucht haben.“
Doch die neuen Messdaten des Marsrovers Curiosity torpedieren nun diese Annahme. Denn das rollende Chemielabor hat erstmals genau dort nach Karbonaten gesucht, wo früher eindeutig ein See existierte – im Gale Krater. Die chemischen Analysen bestätigen, dass es dort Tonminerale und Magnetit gibt – und damit in Wasser entstandene Ablagerungen. Karbonat jedoch fand Curiosity nicht.
Viel zu wenig CO2
Die Messdaten belegen, dass es selbst vor 3,5 Milliarden Jahren in der Marsatmophäre nicht mehr als ein paar Dutzend Millibar CO2 gegeben haben kann. Das aber bedeutet, dass die frühe Marsatmosphäre zumindest in Bezug auf CO2 nur wenig dichter war als heute mit durchschnittlich sechs Millibar CO2. „Selbst wenn es damals hundertfach mehr CO2 in der Atmosphäre gegeben hätte als es die mineralischen Belege jetzt nahelegen, wäre flüssiges Wasser damit kaum möglich gewesen“, sagt Bristow.
Die Erklärung, dass vielleicht saure Bedingungen nachträglich die Karbonate aufgelöst haben, wird ebenfalls durch die Messungen widerlegt. Denn andere Minerale müssten dann ebenfalls aufgelöst worden sein – sind aber noch vorhanden. „Damit vertiefen Curiositys Ergebnisse das Paradox noch“, sagt Bristow.
Rätselhafter Widerspruch
Wie aber sind diese Widersprüche zu erklären? „Es gibt zwei mögliche Lösungen“, sagt Koautor Alberto Fairen vom Zentrum für Astrobiologie in Madrid. „Entweder haben wir einfach noch nicht die richtigen Klimamodelle entwickelt, die die Umweltbedingungen im frühen Gale-Krater erklären können – oder aber die Gale-Sedimente bildeten sich in sehr kaltem Klima.“
Fairen und seine Kollegen halten die zweite Lösung für die wahrscheinlichere. Zwar könnte es sein, dass die Marsatmosphäre ein Treibhausgas enthielt, das man bisher nicht berücksichtigt hat. Allerdings haben auch Messungen an marsianischen Meteoritenkratern Hinweise für eine insgesamt eher dünne frühe Marsatmosphäre geliefert.
Arktisch statt mild
Die Forscher vermuten deshalb eher, dass es auf dem frühen Mars kalt war und die Landschaft der in der heutigen Arktis geähnelt haben könnte. „Vielleicht war der See im Gale Krater von Eis bedeckt“, sagt Koautor Robert Haberle vom Ames Research Center. „Wen das Eis nicht zu dick war, könnten sich damals trotzdem die typischen Seesedimente abgesetzt haben.“
Wie es vor 3,5 Milliarden Jahren tatsächlich auf unserem Nachbarplaneten aussah, bleibt vorerst jedoch offen. Die Wissenschaftler hoffen nun, dass kommende Studien das Klimarätsel des Roten Planeten vielleicht lösen können. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2017; doi: 10.1073/pnas.1616649114)
(NASA/JPL, CSIC, 08.02.2017 – NPO)