Blick ins Innere: Seismische Daten der NASA-Marssonde Mars Insight enthüllen, dass der Gesteinsmantel des Roten Planeten kühler und zäher ist als angenommen. Außerdem enthält er deutlich mehr Eisen als der Erdmantel. Indizien dafür liefert die Dicke und Lage der Übergangsschicht im Marsmantel, in der sich das Mineral Olivin in kompaktere Mineralvarianten umwandelt. Sie liegt in 1.006 Kilometer Tiefe und ist deutlich dicker und unschärfer abgegrenzt als bei der Erde, wie Planetenforscher berichten.
Obwohl der Mars unser Nachbarplanet ist, wissen wir über sein Inneres nur wenig. Erste Daten lieferte die NASA-Sonde Mars Insight, die seit Ende 2018 auf dem Mars steht. Ihr Seismometer enthüllte nicht nur, dass es auf dem Mars unzählige Beben gibt, die seismischen Daten verraten auch einiges über die interne Struktur des Roten Planeten und mögliche vulkanische Aktivität in der Tiefe.
Wo liegt die Diskontinuität?
Jetzt liefern weitere seismische Daten der Raumsonde auch nähere Informationen zur Struktur und Beschaffenheit des marsianischen Gesteinsmantels. Für ihre Studie analysierten Quancheng Huang von der University of Maryland und sein Team die von Mars InSight registrierten Wellenmuster von fünf Marsbeben, die sich 3.400 bis 4.400 Kilometer von der Sonde entfernt ereigneten. Wenn diese Wellen im Gestein des Marsmantels reflektiert werden, verrät dies, wo Diskontinuitäten liegen – Zonen, in denen sich die Beschaffenheit und Bedingungen ändern.
Im Erdmantel liegt eine solche Übergangszone in 410 Kilometer Tiefe und markiert den Wandel des Mantelminerals Olivin zur kompakteren Mineralformen wie dem Wadsleyit. Weil der Mars kleiner ist, wurde schon zuvor vermutet, dass diese Übergangszone bei ihm tiefer liegt. Wo genau, hängt jedoch von der Temperatur und Zusammensetzung des Mantelgesteins ab. „Die Tiefe der mit ihr verknüpften seismischen Diskontinuität ist daher eine Schlüsselinformation zum thermalen Zustand des Planeten“, erklären Huang und sein Team.
Kühler und zäher als angenommen
Die Analysen ergaben: Tatsächlich gibt es auch im Mantel des Roten Planeten eine Diskontinuität, wie anhand der theoretischen Modelle erwartet. Die seismischen Wellen zeigen jedoch, dass diese Übergangsschicht beim Mars in 1.006 Kilometer Tiefe liegt. Mithilfe ergänzender Modelle ermittelte das Team, dass das Mantelgestein in dieser Zone eine Temperatur von 1.331 Grad hat. Demnach ist der Marsmantel kühler und zähfließender als aufgrund gängiger Modelle erwartet.
Interessant auch: Die Diskontinuität im Marsmantel ist zwischen 20 und 100 Kilometer dick und damit relativ ausgedehnt. „Dies deutet darauf hin, dass sich der Postolivin-Übergang beim Mars über einen breiteren Tiefenbereich erstreckt als bei der scharf abgegrenzten 410-Kilometer-Diskontuität der Erde“, berichten Huang und seine Kollegen. Im Erdmantel ist diese Übergangschicht weniger als zehn Kilometer dick – trotz der insgesamt mächtigeren Mantelschicht.
Mehr Eisen und wenig hitzeerzeugende Elemente
Aus diesen Abweichungen schließen die Forschenden, dass der Marsmantel zwar eine ähnliche potentielle Temperatur hat wie der Erdmantel – er muss aber deutlich stärker mit Eisen angereichert ein. Zudem enthält die Marskruste zehn bis 15-mal mehr hitzeerzeugende radioaktive Elemente als sein Mantel. Das wiederum bedeutet, dass nur zwei der fünf zurzeit diskutierten Modelle zur marsianischen Mantelzusammensetzung zutreffen können, wie Huang und seine Kollegen erklären.
Insgesamt liefern die Messdaten der Sonde Mars InSight damit wertvolle Informationen zur chemischen und thermischen Struktur des marsianischen Mantels. Zwar stammen die Messungen nur von einem Standort und müssen daher nicht unbedingt für den ganzen Planeten aussagekräftig sein. „Aber wir erwarten nicht, dass der Marsmantel sich an dieser Stelle signifikant vom dem im Rest des Planeten unterscheidet“, so das Team. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2022; doi: 10.1073/pnas.2204474119)
Quelle: Proceedings of the National Academy of Sciences