Geheimnis gelüftet? Schon vor 3.500 Jahren rechneten die Minoer mit Brüchen und notierten diese in ihrer Linear-A-Schrift. Doch welche Zeichen für welche Brüche stehen, blieb bislang rätselhaft. Jetzt haben Forscher die Bruchzahlen der Minoer entziffert. Demnach besaß diese Kultur eigene Zeichen für Brüche wie 1/2, 1/8 oder 1/10 und kennzeichnete Vielfache dieses Nenners mit speziellen Notationen.
Die Minoer waren die erste Hochkultur Europas: Schon vor rund 5.000 Jahren errichteten sie große Palastanlagen auf Kreta, bauten Straßen und dominierten mit ihrer Flotte das gesamte östliche Mittelmeer. Zudem entwickelten die Minoer gleich zwei verschiedenen Schriftsysteme, eine Hieroglyphenschrift und die der Keilschrift ähnliche Linearschrift A. Doch keine der beiden Schriften ist vollständig entziffert – Archäologen können bislang nur bei wenigen Zeichen die Bedeutung herleiten.

Das Geheimnis der minoischen Bruchzahlen
Zu den ungelösten Rätseln der Minoer-Schriften gehören ihre mathematischen Berechnungen und Zahlenzeichen. Archäologen gehen davon aus, dass die Minoer zum Rechnen ein Dezimalsystem nutzten. In der Linear-A-Schrift scheinen dabei Zehnerwerte mit waagerechten Strichen oder Punkten gekennzeichnet zu sein, Hunderter mit Kreisen und Tausender mit von Strichen umgebenen Kreisen. Diese Symbole tauchen häufig auf Tontafeln auf, die im Zusammenhang mit Warenabrechnungen und anderen Verwaltungsakten stehen.
Doch das ist nicht alles: Offenbar nutzten die Minoer auch schon Dezimalbrüche zum Rechnen und für Mengenangaben. „Linear A umfasst 17 Zeichen, die für Bruchzahlen zu stehen scheinen“, erklären Michele Corazza und seine Kollegen von der Universität Bologna. Sie bestehen aus dreieckigen oder halbkreisförmigen Grundzeichen, die durch einen oder mehrere Punkte ergänzt sind. Doch für welche Bruchzahlen diese Symbole stehen, war bislang unbekannt.