Veränderungen der Meeresumwelt erforschen – und zwar aus allen Perspektiven. Das ist Ziel der Graduiertenschule „Globaler Wandel im Bereich des Meeres“ an der Universität Bremen, die im Rahmen der Exzellenzinitiative den Förderzuschlag bekommen hat.
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Immer häufiger warnen Schlagzeilen vor den Veränderungen, die im und am Ozean vor sich gehen: Überflutungen, Überfischung, Übersäuerung, Überdüngung, Überhitzung – nur einige der Schlagwörter die einem ins Auge springen. Wie sich diese Veränderungen verhindern oder mildern lassen, welche Auswirkungen sie auf uns haben und wie wir als Gesellschaft mit ihnen umgehen können, das sind die Themen, die etwa 60 Doktoranden in der Graduiertenschule an der Universität Bremen erforschen sollen. Neben den Doktorarbeiten in dem jeweiligen Fach liegt ein wichtiger Schwerpunkt der Graduiertenschule auf einem interdisziplinär angelegten Ausbildungsprogramm.
Fachchinesisch enträtseln
„Wenn wir von interdisziplinär reden, meinen wir nicht nur, dass Biologen, Geologen, Physiker und Chemiker miteinander reden – daran arbeiten wir schon lange mit recht gutem Erfolg“, erklärt Dierk Hebbeln, Sprecher der neu geschaffenen Graduiertenschule. „Jetzt bringen wir auch die Naturwissenschaftler zusammen mit den Gesellschaftswissenschaftlern, sprich: Juristen, Soziologen und Historiker, an einen Tisch.“ Das bedeutet aber erst einmal, dass die Teilnehmer eine gemeinsame Sprache finden müssen – denn die verschiedenen Fachrichtungen sprechen jeweils ihr eigenes Fachchinesisch.
„Auf den Meeren und vor allem auch entlang der Küsten nehmen wir Veränderungen lokalen, regionalen und globalen Ausmaßes wahr. Diese sind immer häufiger so komplex, dass wir zum Lösen fachspezifischer Fragen oft einen breiteren Zusammenhang benötigen“, führt der Meeresgeologe aus. „Hier setzt die Graduiertenschule an, in dem sie ihren Doktoranden das Handwerkszeug mitgibt, ihr Expertenwissen in einem breiteren natur- und gesellschaftswissenschaftlichen Zusammenhang einzusetzen.“
Off-shore Windkraftanlagen im Visier
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Ein Bereich, in dem eine große Vielzahl von Disziplinen zusammenarbeiten muss, damit es funktioniert, sind Off-shore Windkraftanlagen. Eine Auswahl der Fragen, die beantwortet werden müssen zeigt dies. Wo ist genügend Wind? Wo trägt der Boden langfristig? Wie kommt der Strom an Land? Wie reagieren Fische und Vögel darauf? Wie stark wird die Fischerei beeinträchtigt? Wie akzeptieren Sportsegler die Einschränkung ihres Reviers? Wie reagieren Touristen auf die weißen Windmühlen? Wer entscheidet über die Lage der Windparks und der dazugehörigen Seekabel? Und nicht zuletzt: Sind die Menschen überhaupt bereit, für diesen Strom eventuell mehr zu bezahlen, als für Atomstrom?
Was sind Graduiertenschulen?
Graduiertenschulen schaffen Strukturen, die hervorragende Bedingungen für Doktoranden bieten, damit diese im Rahmen ihrer Doktorarbeit zu exzellenten Wissenschaftlern werden. Dazu gehören neben einem breitem Themenspektrum, die Förderung eigener Projekte, finanzielle Unterstützung bei der Teilnahme an internationalen Tagungen, eine gute Betreuung, ständiger Austausch und Unterstützung durch ein Management, das sich mit allen Belangen der Graduiertenschule auseinandersetzt.
Das Geld für die Doktoranden soll größtenteils aus Drittmitteln kommen. Die eine Million Euro, die aus der Exzellenzinitiative für fünf Jahre nach Bremen fließen, sollen die Rahmenbedingungen optimal gestalten. Dazu gehören in Bremen auch bis zu 200 Euro im Monat für Kinderbetreuung oder ein Englischkurs, damit die Teilnehmer dem umfangreichen, und wohlstrukturierten, englischsprachigen Kursen auch folgen können. Neben ein- und weiterführenden Kursen in den vier Hauptthemen der Graduiertenschule – Ozeane und Klima, Prozesse der Küstenzone, Marine Ökologie und Biogeochemie und Herausforderungen für die Gesellschaft – gibt es zum Beispiel auch Kurse über Themen wie Projektmanagement, Moderation oder Öffentlichkeitsarbeit.
Starke Partner in und um Bremen
Die Universität Bremen bietet für diesen Ansatz beste Möglichkeiten. Neben den starken Meereswissenschaften mit dem meereswissenschaftlich geprägten Fachbereich Geowissenschaften gibt es hier das DFG-Forschungszentrum Ozeanränder, das Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, das Zentrum für Marine Tropenökologie und nahebei in Bremerhaven das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meereswissenschaften. Dort ist auch das Deutsche Schiffahrtsmuseum beheimatet. Das Museum bringt gemeinsam mit dem Fachbereich Rechtswissenschaften und dem Forschungszentrum Nachhaltigkeit Artec an der Universität Bremen die gesellschaftswissenschaftlichen Kompetenzen ein. Der Pool der hier tätigen Wissenschaftler stellt zunächst das Lehrpersonal und auch die Betreuer der Doktoranden.
Die Pläne von Dierk Hebbeln und seinen Mitstreitern reichen jedoch weiter: „Im Moment arbeiten wir mit Juristen, Soziologen und Historikern zusammen, aber wir können uns noch viel mehr vorstellen.“ Weitere Bereiche der Universität sind eingeladen sich zu beteiligen, als Beispiel nennt er Logistiker, die sich zum Beispiel mit der Schienenanbindung des Jade-Weser-Ports beschäftigen könnten. „Doch auch jetzt schon haben wir die besten Vorraussetzungen, wirklich exzellente Ausbildung anzubieten. Wir freuen uns schon jetzt auf die ersten Doktoranden“, so Dierk Hebbeln.
(Kirsten Achenbach, DFG-Forschungszentrum Ozeanränder, 08.11.2006 – AHE)