Tod in der Schwangerschaft: In Nordengland haben Paläontologen das Fossil eines Meeressauriers mit sechs bis acht Embryos im Bauch entdeckt. Der 180 Millionen Jahre alte Ichthyosaurier ist das jüngste und nördlichste Meeressaurierfund Großbritanniens. Er demonstriert erneut, dass diese erfolgreichen Jäger der Urzeitmeere lebendgebärend waren und dass viele von ihnen mehr als ein Jungtier zur Welt brachten.
Die Ichthyosaurier waren im Jura und in der Kreidezeit die Herrscher der Meere. Die warmblütigen Meeresreptilien waren wendige Schwimmer und erfolgreiche Jäger. Fossilfunde trächtiger Weibchen belegen zudem, dass diese Meeressaurier ihre Jungen lebend gebaren – anders als ihre Zeitgenossen, die Dinosaurier an Land.
Winzige Wirbelknochen im Bauch
Ein weiteres trächtiges Ichthyosaurier-Weibchen haben nun Mike Boyd und Dean Lomax von der University of Manchester in Nordengland entdeckt. Das 180 Millionen Jahre alte Fossil stammt aus einer Jura-Gesteinsformation im Norden Yorkshires und ist das jüngste bisher gefundene Exemplar eines Ichthyosaurus in Großbritannien. Es ist zudem das erste, das so weit im Norden des Landes gefunden wurde.
Als die Paläontologen das Fossil näher untersuchten, entdeckten sie zwischen den Rippen des adulten Tieres mehrere kleinere Skelettreste. Zu sehen waren mehrere Teile von Wirbelsäulen, sowie zahlreiche andere kleine Knochen. „Zuerst gingen wir von der Möglichkeit aus, dass es sich hier um den Mageninhalt handelt“, sagt Boyd. Doch die Knochen zeigten keine Erosion durch Magensäuren und auch die sonst typischerweise im Magen der Meeressaurier vorhandenen Nahrungsreste fehlten.
Sechs bis acht Embryos
Stattdessen erweisen sich die kleinen Skelette als die Überreste von sechs bis acht Ichthyosaurier-Embryos – der Meeressaurer war ein trächtiges Weibchen. Das Tier starb offenbar, bevor es seine Jungen gebären konnte. Wie die Forscher berichten, ist dies der bisher jüngste trächtige Ichthyosaurier, der in Großbritannien entdeckt wurde. Die anderen Funde stammen aus dem Südwesten des Landes und sind zwischen 200 und 190 Millionen Jahre alt.
Dass Ichthyosaurier oft mehrere Jungtiere austrugen, ist bereits aus Fossilfunden in Süddeutschland bekannt. Vor allem in Holzmaden an der Schwäbischen Alb haben Paläontologen bereits mehrere mit Mehrlungen trächtige Meeressaurier der Gattung Stenopterygius ausgegraben. „Es ist möglich, dass auch der neue Fund ein Stenopterygius ist, aber es sind keine Merkmale erhalten, an denen sich dies erkennen ließe“, sagt Lomax.
„Dies ist ein unglaublicher Fund“, kommentiert Sarah King, Kuratorin am Yorkshire Museum in York. „Es zeigt uns eine sanftere, fürsorglichere Seite dieser Meeresdrachen, die die Top-Meeresraubtiere ihrer Zeit waren.“ (Proceedings of the Yorkshire Geological Society, 2018; doi: 10.1144/pygs2017-008)
(University of Manchester, 05.04.2018 – NPO)