Untergang droht: Der Anstieg des Meeresspiegels bedroht nicht nur Städte und Menschen, auch das Kulturerbe ist bedroht. Allein im Süden und Osten der USA könnten mehr als 13.000 küstennahe archäologische und historische Stätten im Meer versinken, wenn der Meeresspiegel um einen Meter ansteigt, wie Forscher ermittelt haben. Weitere Stätten würden durch Deiche und andere Küstenschutzmaßnahmen zerstört.
Der Klimawandel und seine Folgen machen auch vor den USA nicht Halt – eher im Gegenteil: Meeresspiegel-Anstieg und Bodenabsenkung rauben schon jetzt den Indianern im Mississippi-Delta ihre Heimat und auch an der US-Ostküste werden Überschwemmungen immer häufiger. Bis 2100 könnte der Meeresspiegelanstieg Millionen US-Bürger in diesem eher flachen Küstenbereich treffen, so die Prognosen.
13.000 Stätten dem Untergang geweiht?
Doch heutige Menschen und ihre Städte sind nicht die einzigen Opfer dieser Entwicklung: Auch das Kulturerbe der USA könnte empfindlich Schaden nehmen, wie David Anderson von der University of Tennessee in Knoxville und seine Kollegen berichten. Sie haben mit Hilfe des Digital Index of North American Archaeology (DINAA) ermittelt, welche archäologischen und historischen Stätten entlang der Südostküste der USA vom Meeresspiegel-Anstieg bedroht sein könnten.
„Die Daten sind ernüchternd: Bereits ein Anstieg des Meeresspiegels um einen Meter wird zum Verlust von mehr als 13.000 historischen und prähistorischen archäologischen Stätten führen“, berichten die Forscher. „Dazu kommen tausende weitere bisher noch nicht entdeckte Stätten in diesem Gebiet.“ Denn die meisten Kulturstätten aus prähistorischer, präkolumbianischer und neuerer Zeit liegen in Küstennähe in flachem Terrain.
Gefahr durch Wasser, aber auch den Küstenschutz
„Der Meeresspiegel-Anstieg wird damit schon in den nächsten ein bis zwei Jahrhunderten einen Großteil der Spuren früherer menschlicher Besiedlung an den Küsten des US-Südostens auslöschen“, so Anderson. Überschwemmungen und Erosion könnten viele dieser Stätten zerstören. Andere sind gefährdet, weil sie genau dort liegen, wo künftig Deiche und Schutzbauten die Bevölkerung vor Sturmfluten und Hochwasser abschirmen sollen.
Zu den einzigartigen Zeugnissen, die durch diese Entwicklung bedroht sind, gehören die Lagerstätten und Überreste der Menschen, die vor tausenden von Jahren entlang der US-Ostküste Wild jagten und Meeresfrüchte sammelten. Aber auch gut 400 Jahre alte Forts und Siedlungen der spanischen Eroberer in Florida und South Carolina sind vom Untergang bedroht.
Schützen, Relokalisieren oder Aufgeben?
„Archäologen und Landmanager müssen sich dessen bewusst sein, dass dieses Kulturerbe gefährdet ist“, sagt Anderson. Welche Stätten auf welche Weise betroffen sind, müsse jetzt schnellstens genau ermittelt werden. Dann müsse man entscheiden, welche Stätten durch Bauten geschützt oder umgelagert werden und welche zumindest so gut dokumentiert werden, dass die in ihnen konservierten Informationen nicht für immer verloren gehen.
„Wir hoffen, dass genügend Zeit bleibt, um diese Maßnahmen umzusetzen“, konstatieren die Forscher. „Denn die Veränderungen im Meeresspiegel könnten weitaus größer ausfallen und schneller voranschreiten als zurzeit vorhergesagt.“ (PloS ONE, 2017: doi: 10.1371/journal.pone.0188142)
(PLoS, 30.11.2017 – NPO)