Pünktlich alle sechs Stunden setzen Ebbe und Flut in den Meeren riesige Wassermassen in Bewegung. Mit Meeres-
strömungs-Kraftwerken können diese als erneuerbare Energiequelle zur Stromerzeugung genutzt werden. Die Ergebnisse einer Pilotanlage, die 2003 im Rahmen eines britisch-deutschen Forschungsprojekts vor der englischen Küste in Betrieb gegangen war, wurden jetzt in einem Abschlussbericht vorgestellt.
Die Anlage ähnelt einer Windenergie-
anlage – doch der Rotor dreht unter Wasser. Der Prototyp eines Gezeitenkraftwerks, der im vergangenen Jahr vor der Küste Englands aufgestellt wurde, war eigentlich auf eine Leistung von 300 Kilowatt ausgelegt. Doch im Betrieb übertraf der Rotor die Prognosewerte um 25 Prozent und konnte damit sogar die, im Vergleich zu den Berechnungen, etwas geringere Tidenströmung nahezu ausgleichen. Bei der Konstruktion zentraler Bauteile hatten deutsche Experten aus der Windenergie ihr Know-how beigetragen. Rotor, elektrisches System, Steuerung und Regelung der Anlage wurden am Institut für Solare Energieversorgungstechnik (ISET) in Kassel gemeinsam mit Komponentenherstellern entwickelt und optimiert.
Ein idealer Standort für ein Meeresströmungskraftwerk verfügt über eine Wassertiefe von 15 bis 20 Metern bei einer Strömungs-
geschwindigkeit von zwei bis drei Metern pro Sekunde. Solche Bedingungen finden sich bevorzugt in Meeresbuchten, Meerengen und zwischen Inseln. Zwar sind sie an deutschen Küstengewässern kaum zu finden, aber allein für Europa sind etwa hundert geeignete Standorte mit einem Potenzial von zwölf Gigawatt bekannt. Dabei wurde bislang noch keine systematische Standortsuche durchgeführt. Die nächste Anlagengeneration der Strömungskraftwerke wird aber bereits konzipiert: sie wird mit zwei Rotoren bereits eine Gesamtleistung von 1,2 Megawatt erreichen. Die Kosten zur Erzeugung des Stroms könnten bei in Serie gefertigten Anlagen zwischen fünf und zehn Cent je Kilowattstunde liegen.
(Fachinformationszentrum Karlsruhe, 15.09.2004 – ESC)