Geowissen

Mensch machte Sahelzone staubiger

Studie: Menschliche Einflüsse seit 200 Jahren deutlich nachweisbar

Sand- und Staubsturm im Sahel © J. Leyrer / NIOZ

Schätzungsweise eine Milliarde Tonnen Staub werden jährlich in der Sahara und der südlich angrenzenden Sahelzone aufgewirbelt und beispielsweise mit den Passatwinden Richtung Atlantik transportiert. Seit mehr als 200 Jahren beeinflusst der Mensch diesen Prozess nachhaltig. Das belegt erstmals eine Studie, über die Bremer Forscher jetzt im Wissenschaftsmagazin „Nature“ berichten.

Danach trug der exportorientierte, kommerzielle Ackerbau im Lauf der Kolonisierung der schwarzafrikanischen Staaten entscheidend zur Verwüstung des Sahel und zur erhöhten Bodenerosion bei.

Studie belegt menschlichen Einfluss auf Bodenerosion und Staubentwicklung

Die Belege stammen aus mehreren Sedimentkernen, die die Geowissenschaftler um Stefan Mulitza vom MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften – während einer Expedition mit dem Forschungsschiff METEOR etwa 30 Kilometer vor der mauretanischen Küste in 323 Meter Wassertiefe gewannen.

Einer dieser Kerne ist knapp fünfeinhalb Meter lang. In ihm ist die Klima- und Umweltentwicklung des Sahel während der letzten 3.200 Jahre gespeichert. „Beim Stichwort Sahelzone denken wir meist an die schreckliche Dürre in den 70er und 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts“, sagt Fahrtleiter Mulitza. „Wir können jetzt nachweisen, dass menschliche Einflüsse in den letzten 200 Jahren die natürliche Erosion und Staubentwicklung in Westafrika überprägt haben.“

Feuchtes Klima vor 2.000 Jahren

Im Zeitraum von 1.200 Jahren vor bis etwa 200 Jahre nach Christi Geburt herrschte im Sahel nach Angaben der Forscher ein eher feuchtes Klima. Davon zeugen feinkörnige Ablagerungen, die viel Aluminium bzw. Eisen enthalten und vom Senegal-Fluss in den Atlantik gespült wurden. Danach wird das Klima zunehmend trockener, insbesondere zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert. Die ausbleibenden Niederschläge reißen, so die Wissenschaftler weiter, Lücken in die Vegetationsdecke, und die Erosion nimmt zu. Gröbere, siliziumreiche Partikel, die mit den Passatwinden in den Atlantik driften, prägen die Meeresablagerungen dieses Zeitraums.

Staubeintrag aus dem Sahel und Nordafrika in den Atlantik. Am linken Bildrand sind die Kapverdischen Inseln zu erkennen. © NASA

Weniger Niederschlag, mehr Staub

„Weniger Niederschlag, mehr Staub; dieser Zusammenhang leuchtet ein und wird durch unsere geochemischen Analysen auch bestätigt – zumindest bis ins 18. Jahrhundert“, sagt Mulitza. Danach koppelt sich die Staubentwicklung allmählich von der Niederschlagsmenge ab. „Aus den Ablagerungen lesen wir heraus, dass ab dem 18. Jahrhundert trotz zunächst höherer Niederschläge auch die Staubmengen zunehmen.“

Die Gründe liegen auf der Hand: Mit dem Einzug der Kolonialherren verändert sich die afrikanische Landwirtschaft grundlegend. Die Produktionsweise wird im Laufe der Zeit vom Anbau der für den Export bestimmten „Cash crops“ dominiert.

Erdnussanbau sorgt für stärkere Erosion

„Die stärkste Zunahme der Erosion bzw. der größte Anstieg des Staubeintrags in den Atlantik fällt bezeichnenderweise mit dem flächendeckenden Anbau von Erdnüssen im Senegal, in Nigeria und Gambia im 19 Jahrhundert zusammen“, bilanziert Mulitza. Durchrationalisierte Erdnusspflanzungen benötigen große Flächen und viel Licht. Deshalb wird verstärkt gerodet. Die jetzt offenere, teils lückenhafte Vegetationsdecke ist anfälliger für Erosion. Als Folge wird mehr Staub aufgewirbelt und aufs Meer verweht.

„Lokal könnte der höhere Staubgehalt der Atmosphäre die Dürre im Sahel noch verstärkt haben. Mehr Staub in der Atmosphäre heißt weniger Sonneneinstrahlung und eine kühlere Erdoberfläche. Das kann sich negativ auf die während des Monsuns fallenden Niederschläge auswirken“, so Mulitza in Nature.

(idw – MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen, 08.07.2010 – DLO)

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