Geowissen

Meteoritenkrater in französischem Weingut entdeckt

200 Meter große Senke im Weinberg erweist sich als Einschlagskrater

Krater in Weinbergen
Das "Trou du Météore" – eine Senke in einem südfranzösischen Weingut – entstand tatsächlich durch einen Einschlag. © Frank Brenker/ Goethe-Universität Frankfurt

Seltener Fund: In einem Weingut in Südfrankreich haben Forscher einen zuvor unerkannten Einschlagskrater identifiziert – in Europa ist dies eine Seltenheit. Die 200 Meter breite und 30 Meter tiefe Senke zeigt eine für Meteoritenkrater typische Magnetfeld-Anomalie. Im Boden finden sich zudem zahlreiche Impakt-Sphärulen, winzige kugelförmige Gebilde aus verschmolzenem Metall und Gestein, die auf den Einschlag eines Eisen-Nickel-Meteoriten hindeuten, wie die Wissenschaftler berichten.

Obwohl die Erde im Laufe ihrer Geschichte unzählige große und kleine Treffer von Asteroiden und Kometen abbekommen hat, sind nur relativ wenige Einschlagskrater erhalten. Die meisten Impaktspuren wurden durch Erosion und tektonische Prozesse zerstört. In Mittel- und Westeuropa sind bisher nur drei Krater offiziell gelistet: Rochechouart in Frankreich und Nördlinger Ries und Steinheimer Becken in Deutschland. Einen weiteren Kandidaten haben Forscher kürzlich in Spanien entdeckt.

Senke inmitten der Weinberge

Jetzt kommt ein weiterer Einschlagskrater dazu. Dabei handelt es sich um eine 200 Meter große und 30 Meter tiefe Senke, die in einem Weingut nahe der südfranzösischen Stadt Béziers liegt. Zwar hatten Geologen schon in den 1950er Jahren darüber spekuliert, ob es sich dabei um einen Einschlagskrater handeln könnte, 1964 wurde dies jedoch aufgrund von zwei Beobachtungen widerlegt: Der Senke fehlte ein erhöhter Kraterrand, außerdem fanden Messungen damals keine auffälligen Magnetanomalien.

Seither nutzten zwar die Weingutbesitzer die frühe Zuschreibung als Marketing-Gag und verwendeten als Herkunftsbezeichnung ihrer Weine „Domaine du Météore“. Die inmitten der Weinberge liegende Senke blieb aber mehr als ein halbes Jahrhundert unbeachtet – bis jetzt. Bei einem Frankreichurlaub wurde der Kosmochemiker Frank Brenker von der Goethe-Universität Frankfurt auf die Senke aufmerksam und sammelte einige Gesteinsproben.

Gesteinstrümmer und Magnetfeld-Anomalie

Erste Untersuchungen der Proben im Labor förderten tatsächlich einige Hinweise auf einen Impakt-Ursprung der Senke zutage: „Dunkle Lagen in einem der Schiefer, die meist einfach aus einen höheren Glimmeranteil bestehen, erwiesen sich durch die Mikroanalyse als mögliche Schockadern“, erklärt Brenker. „Diese entstehen durch Zerreiben und Zerbrechen des Gesteins und könnten von einem Einschlag herrühren.“ Dazu kamen Brekzien, eckige, von einer Art Kitt zusammengehaltene Gesteinstrümmer, die ebenfalls typisch für Einschläge sind.

Ausgehend von diesen Befunden fuhr Brenker mit einigen Kollegen noch einmal nach Frankreich und führte vor Ort geomagnetische Messungen durch. Das Ergebnis: „Im Krater fanden wir eine signifikante Verringerung der Magnetfeldstärke um rund 100 Nanotesla“, berichten die Forscher. „Dies ist ein typisches Merkmal für kleinere Einschlagskrater.“ Parallel zu diesen Untersuchungen suchte das Team mithilfe eines starken Magneten gezielt nach eisenhaltigen Relikten eines Meteoriten.

Eisenoxid-Sphärule
Querschnitt durch eine Mikro-Sphärule aus dem Krater. Die Hülle besteht aus Metall und Metalloxiden, der Kern aus Gesteinsmineralen. © Frank Brenker/ Goethe-Universität Frankfurt

Impakt-Sphärulen deuten auf Eisenmeteorit hin

Tatsächlich wurden sie fündig: „Wir haben mehr als hundert Eisenoxid-Sphärulen gefunden“, berichten Brenker und sein Team. Diese wenige Mikrometer bis gut einen Millimeter kleinen Kügelchen bestanden aus einer Hülle aus Eisen, Nickel und Metalloxiden und einem Kern aus Mineralien, wie sie für das lokale Untergrundgestein typisch sind. Solche Sphärulen gelten als typische Indizien für den Einschlag eines Eisenmeteoriten.

„Die Mikro-Kügelchen bilden sich entweder durch Abrieb des Meteoriten in der Atmosphäre oder erst beim Aufschlag, wenn ein Großteil des Eisen-Meteoriten schmilzt und dann mit dem Sauerstoff der Luft reagiert“, erklärt Brenker. „Beim Aufschlag kann dann auch zertrümmertes Material vom Aufschlagsgebiet in die Sphärulen eingeschlossen werden.“ Im Kern der Kügelchen entdeckten die Wissenschaftler zudem zahlreiche Mikro-Diamanten, die durch die Schockwellen des Einschlags aus kohlenstoffhaltigem Material entstanden waren.

Alter und Details des Impakts noch offen

„Zusammen mit dem verringerten Magnetfeld und den weiteren geologischen und mineralogischen Funden lässt dies kaum einen anderen Schluss zu: Hier ist tatsächlich ein Meteorit eingeschlagen“, konstatiert Brenker. Damit wäre dies der erst vierte eindeutig bestätigte Einschlagskrater in West- und Mitteleuropa und noch dazu der bisher kleinste Vertreter seiner Zunft. Bei dem Impaktor muss es sich zudem um einen Eisen-Nickel-Meteoriten gehandelt haben – sie sind seitlich seltener als chondritische Gesteinsmeteoriten.

Wann genau der Meteorit über Südfrankreich niederging und wie groß er war, müssen weitere Untersuchungen klären. Die Wissenschaftler vermuten aber, dass der von ihnen identifizierte Krater Teil der sogenannten Herault-Impaktstruktur sein könnte, einer schon in den 1950er Jahren postulierten Ansammlung mehrere kleiner Krater in dieser Gegend. (54th Lunar and Planetary Science Conference, 2023; #1910)

Quelle: Goethe-Universität Frankfurt am Main

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