Forscher haben erstmals Mikroben in der Tiefsee entdeckt, die Methan auch bei hohen Temperaturen abbauen können. Die im Guaymas-Becken vor Kalifornien entdeckten Mikroben leben an heißen, Hydrothermalquellen und sind noch bei Tempoeraturen bis 70 Grad Celsius aktiv, berichten die Forscher. Bisher sei ein solcher Abbau ohne Sauerstoff nur aus kalten Gewässern bekannt, so die Wissenschaftler. Bedeutsam ist der Fund unter andrem deshalb, weil Methan ein starkes Treibhausgas ist und eine Freisetzung dieses Gases auf das Klima wirkt.
In den Sedimenten der Ozeane lagern große Mengen des Treibhausgases Methan, das entweder durch mikrobiellen Stoffwechsel oder durch geothermale Prozesse entsteht. Dennoch gelangt das Methan selten in die Atmosphäre und kann dort seine Wirkung als klimarelevantes Gas entfalten, denn es wird zum großen Teil bereits im Sediment wieder abgebaut. Zum biologischen Abbau des Treibhausgases Methan sind nur wenige spezialisierte Mikroorganismen fähig. Ohne Sauerstoff bauen die Mikroorganismen Methan nur unter speziellen Bedingungen ab, zum Beispiel in einer engen Lebensgemeinschaft von Archaeen und Bakterien. Die beiden Partner dieser mikrobiellen Konsortien profitieren dabei voneinander, indem die Archaeen das Methan nutzen können, während die Bakterien ihre Energie aus einem bisher unbekannten Zwischenprodukt der Archaeen und Sulfat gewinnen.
Bislang hatte man diese Lebensgemeinschaften zwischen Methan-oxidierenden Archaeen und Sulfat-reduzierenden Bakterien nur in Lebensräumen mit kalten und gemäßigten Temperaturbedingungen von -1,5-20 °C gefunden. Schon lange jedoch wissen die Mikrobiologen, dass die mikrobiellen Prozesse der Sulfatreduktion und Methanogenese, ein der anaeroben Oxidation von Methan verwandter Stoffwechselweg, bei Temperaturen von bis zu 100°C ablaufen können. So starteten die Max-Planck-Forscher die Suche nach Mikroben- Konsortien, die auch bei hohen Temperaturen aktiv sind.
Vulkanische Aktivität treibt Hydrothermalquellen an
Fündig geworden sind Thomas Holler und seine Kollegen in Sedimentproben aus dem Guaymas-Becken, in denen sie den Abbau von Methan unter sauerstofffreien Bedingungen verfolgten. Das Guaymas-Becken liegt im Golf von Kalifornien in Mexiko auf einem ozeanischen Rücken, einem seismisch aktiven Bereich. Hier tritt heißes Porenwasser aus dem Sediment aus und bildet Hydrothermalquellen, an denen eine Vielzahl von Mikroorganismen vom Abbau der Kohlenwasserstoffe lebt.
Mikroben bauen Methan noch bis 70 Grad Celsius ab
Um das Sediment untersuchen zu können, holten die Forscher Sedimentkerne mit dem bemannten Tauchboot Alvin aus über 2.000 Metern Tiefe herauf. „Im Labor haben wir die Proben inkubiert und dann mit einer Reihe biogeochemischer und molekularbiologischer Methoden untersucht“, erklärt Thomas Holler. „Dabei konnten wir nachweisen, dass die Anaerobe Oxidation von Methan von einem besonderen mikrobiellen Konsortium betrieben wird, das bei 50 °C optimal arbeitet. Sogar bis 70 °C ist die mikrobielle Gemeinschaft noch in der Lage, Methan zu verarbeiten. Aus der Abbaugeschwindigkeit von Methan (AOM-Rate) konnten wir eine Verdopplungszeit der AOM-Organismen von 68 Tagen bei 50 °C berechnen.“
“Dies mag zwar langsam erscheinen, ist aber für Mikroorganismen, die unter extremen Bedingungen in der Tiefsee leben, wo sehr langsame Verdopplungszeiten von bis zu mehreren hundert Jahren vorkommen können, beachtlich schnell“, ergänzt sein Kollege Gunter Wegener.
Bakterien leben in Ketten zusammen
Die jetzt im Guaymas-Becken entdeckte AOM-Gemeinschaft aus dem besteht aus einer neuartigen Gruppe von Methan-oxidierenden Archaeen, die nahe mit der bekannten Archeengruppe ANME-1 (ANaerobe MEthanabbauer) verwandt ist, sowie Sulfat-reduzierenden Bakterien. Diese gehören zu den Deltaproteobakterien und sind stammesgeschichtlich entfernt mit Sulfatreduzierern verwandt, die in vorherigen Untersuchungen als Partner von ANME-1-Archaeen identifiziert wurden. Die beiden Partner bilden Aggregate von bis zu mehreren hundert Zellen. Das besondere bei den Guaymas-Konsortien ist, dass manche auch in einer gemeinsamen, kettenförmigen Hülle zusammenleben. Diese kettenförmige Art der Aggregation beobachteten die Forscher zum ersten Mal für AOM-Organismen.
Die Wissenschaftler haben damit gezeigt, dass die Anaerobe Oxidation von Methan nicht auf kalte und gemäßigte marine Sedimente beschränkt ist. Thomas Holler sagt: „Bei der AOM und den Folgereaktionen entstehen aus Methan unlösliche Carbonate und Sulfat wird verbraucht. Für uns bleibt interessant herauszufinden, welchen Beitrag diese Konsortien zum globalen Methanabbau liefern und welche Rolle sie für die geologische Gesteinsbildung, beispielsweise die Umbildung von Anhydrit (CaSO4) zu Calcit (CaCO3) spielen. Damit könnten wir ihre Funktion im globalen Kohlenstoffkreislauf genauer beschreiben.“ (ISME Journal, 2011; DOI: 10.1038/ismej.2011.77)
(Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie, 27.09.2011 – NPO)