Gashydrate am Meeresgrund gelten nicht nur als mögliche Energiequelle der Zukunft, sie sind zugleich auch ein wahrer Festschmaus für Mikroben. Denn diese ernähren sich von dem im Hydrat eingeschlossenen Methan und benötigen noch nicht einmal Sauerstoff für ihren Stoffwechsel. Doch wie schaffen es die Spezialisten, unter den extremen Druck- und Temperaturbedingungen in den Meeressedimenten zu überleben?
Methanhydrate sind feste, kristalline Substanzen, die sich bei niedrigen Temperaturen und hohem Druck aus einer Mischung von Gas und Wasser bilden. Rund 90 Prozent der natürlich vorkommenden Hydrate enthalten das Erdgas Methan als zentrales Molekül, um das sich die Wassermoleküle käfigartig herumgruppieren. Im Methanhydrat gibt es allerdings auch noch andere Gase, wie beispielsweise Kohlendioxid und Schwefelwasserstoff.
Tiefsee oder Permafrostgebiete
Um ein Gashydrat zu bilden braucht es neben niedrigen Temperaturen und hohem Druck natürlich auch Methan. Das Methan kann auf verschiedene Art und Weise entstehen – entweder durch biologische Aktivität (biogenes Gas) oder durch die thermale Zersetzung sedimentären organischen Materials (thermogenes Gas).
Optimale Bedingungen für die Entstehung von Gashydraten herrschen zum Beispiel in der Tiefsee oder in Permafrostgebieten. Damit ist die Entstehung von Gashydraten aus Methan räumlich stark eingeschränkt. Doch was ist mit dem restlichen Methan, das praktisch weltweit und überall im Meeresboden permanent produziert wird? Dieses Gas entweicht nicht in die Ozeane, sondern wird bereits im Meeresboden abgebaut. Geschähe dies nicht, so würden die Methangase zunächst ins Wasser und danach in die Atmosphäre gelangen – mit katastrophalen Folgen. Denn Methan ist ein rund 30mal schädlicheres Treibhausgas als Kohlendioxid.
Methanabbau im Sediment
Eine wichtige Rolle beim Abbau von Methan in Meeressedimenten spielt die anaerobe Methanoxidation durch ein Konsortium aus zwei verschiedenen Gruppen von Mikroorganismen. In einem bislang nicht vollständig erforschten Zusammenspiel setzen die beiden Gruppen von Mikroorganismen das Methan mit Sulfat zu Kohlendioxid und Schwefelwasserstoff um. Sulfat ist in großen Mengen im Meerwasser gelöst und diffundiert in den Meeresboden hinein. In der Zone, in der das nach unten dringende Sulfat und das aufsteigende Methan aufeinander treffen, fühlen sich die methanoxidierenden Mikroorganismen so richtig wohl. Diese nur wenige Zentimeter dicke Schicht verhindert den Austritt großer Mengen Methans in die Ozeane.
Archaeen als „Methanfresser“
Obwohl der Prozess der anaeroben Methanoxidation schon 1974 beschrieben wurde, gelang es erst im Jahr 2000, die Konsortien zu identifizieren. Seitdem haben viele Forscher versucht, die Prozesse in den Konsortien zu enträtseln. Eine der aufregendsten Entdeckungen war, dass sie aus zwei völlig unterschiedlichen Gruppen von Mikroorganismen zusammengesetzt sind: Die äußere Hülle besteht aus Bakterien, die Sulfat zu Schwefelwasserstoff oxidieren, im Kern befinden sich Archaeen, die eigentlich Methan produzieren, aber von den Bakterien dazu gebracht werden, ihren Stoffwechsel „rückwärts“ ablaufen zu lassen – sie bauen das Methan ab. Das Erstaunliche daran: Ein Konsortium besteht aus mehreren hundert einzelnen Zellen, verhält sich aber fast wie eine einzelne Zelle. Es wächst und teilt sich, wenn es zu groß wird.
Am GeoForschungsZentrum Potsdam beschäftigt sich die Gruppe für organische Geochemie mit ganz bestimmten organischen Molekülen, so genannten Biomarkern. Da diese nur in den „Methanfressern“ vorkommen, lassen sich dadurch die Konsortien nachweisen, ohne aufwändige mikrobiologische Methoden einsetzen zu müssen. Diese Untersuchungen wurden beispielsweise an einer Tiefbohrung im Permafrost in Mallik, im äußersten Norden von Kanada eingesetzt. Dort befinden sich große Gashydratvorkommen, welche als mögliche Energiequelle in Zukunft abgebaut werden sollen.
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Gashydrate im Mackenzie Becken
(Jens Kallmeyer und Rolando di Primio, GFZ Potsdam, 20.04.2007 – AHE)