Leben im Extrem: Selbst dort, wo giftiges Vulkangas aus dem Untergrund strömt, gibt es Leben. Denn an solchen Mofetten haben Forscher nun ganze Gemeinschaften von Mikroorganismen entdeckt. Sie zehren vom austretenden Kohlendioxid und bilden so die Grundlage für ein eigenes kleines Ökosystem – direkt im vulkanischen Gasstrom.
Dort, wo im Untergrund ein Vulkan schlummert, treten oft vulkanische Gase über kleine Öffnungen aus dem Boden aus. Kohlendioxid und schwefelhaltige Dämpfe machen diese sogenannten Mofetten nicht gerade zu einer lebensfreundlichen Umgebung – im Gegenteil: Rund um solche Mofetten werden regelmäßig tote Vögel, Mäuse und andere Kleintiere gefunden und nur wenige Pflanzen können dem „giftigen Atem“ der schlafenden Vulkane trotzen.
Wie lebensfeindlich sind die Mofetten?
Im 19. Jahrhundert forderten die Vulkangase sogar Todesopfer: Im Kloster Maria Laach in der Vulkan-Eifel starben zwischen 1864 und 1888 insgesamt 17 Ordensbrüder im Schlaf. „Den Mönchen wurde wahrscheinlich das Kohlendioxid zum Verhängnis, das am Ostufer des Laacher Sees in großen Mengen aus dem Boden austritt und sich immer wieder in dem Gebäude ansammeln konnte“, erläutert Kirsten Küsel von der Universität Jena die mysteriöse Serie von Todesfällen.
Aber gibt es vielleicht auch Lebewesen, die den giftigen Gasen trotzen? Um das herauszufinden, haben Küsel und ihre Kollegen in einer Mofette in Nordwestböhmen nach Mikroorganismen gesucht – und wurden fündig. Wie sie feststellten, gibt es sogar zahleiche Mikroben, die sich in dieser scheinbar lebensfeindlichen Umgebung sehr wohl fühlen. Extrem verwunderlich ist dies indes nicht, immerhin kennt man bereits Mikroben, die in kochend heißem oder eisig kaltem Wasser, in giftiger Schwermetallbrühe oder sogar radioaktiv verseuchtem Milieu überleben.
Ökosystem der Extremisten
Und die Mikroben im Vulkangas überdauern nicht nur stoisch, sie profitieren sogar vom steten Gasstrom, wie Untersuchungen zeigten: Sie nehmen das CO2 auf und wandeln dieses in Methan, Essigsäure und Bestandteile ihrer Zellstrukturen um. Diese Bakterien wiederum bilden die Nahrungsgrundlage für andere Organismen in der Mofette – und damit entsteht in dieser extremen Umgebung sogar ein kleines Ökosystem.
Die Artenvielfalt in einer Mofette ist zwar bei weitem nicht so groß wie in vergleichbaren Böden, in denen keine Vulkangase vorkommen. „Aber wir haben es hier nicht mit einer solch lebensfeindlichen Umgebung zu tun, wie es oberirdisch oftmals den Anschein hat“, resümiert Küsel. Die Ergebnisse der Forscher könnten auch abseits von Mofetten von Nutzen sein, denn sie helfen dabei, mögliche Auswirkungen von Gaslecks unterirdischer Kohlendioxidspeicher zu prognostizieren und damit potenzielle Risiken abzuschätzen. (ISME Journal, 2015; doi: 10.1038/ismej.2014.148)
(Friedrich-Schiller-Universität Jena, 02.04.2015 – NPO)