Umwelt

Mikroplastik-Rekord am Meeresgrund

Meeressediment vor Korsika enthält 1,9 Millionen Plastikpartikel pro Quadratmeter

Mikroplastik
Mikroplastik findet sich nicht nur im Strandsand, wie hier, sondern auch am Meeresgrund – und das erschreckend reichlich. © Erlantz Rodriguez/ iStock.com

Hotspot der Plastikverschmutzung: Der Grund des Mittelmeers zwischen Korsika und Italien enthält so viel Mikroplastik wie noch nirgendwo sonst beobachtet. In der obersten Sedimentschicht finden sich dort 1,9 Millionen Plastikpartikel pro Quadratmeter, wie Forscher im Fachmagazin „Science“ berichten. Der Grund dafür: Bodennahe Meeresströmungen konzentrieren das Plastik an bestimmten Stellen des Meeresgrunds.

Ob im Tiefseegraben, im Meereis der Arktis oder als schwimmender Müllstrudel im Pazifik: Weltweit gibt es kaum noch eine Meeresregion, die nicht mit Plastikmüll kontaminiert ist. Die Kunststoffabfälle und Plastikpartikel gelangen über Strände, Abwässer und Flüsse in den Ozean und werden dann von den Meeressströmungen verteilt. Dabei bleibt nur rund ein Prozent als schwimmender Plastikmüll sichtbar, der Rest sinkt in die Tiefsee ab.

Stichproben aus dem Tyrrhenischen Meer

Doch wo und wie sich das Plastik am Meeresgrund verteilt und welche Faktoren dafür verantwortlich sind, ist bislang erst in Teilen bekannt. So scheinen Tiefseegräben und Untersee-Canyons zwar besonders stark von der Plastikverschmutzung betroffen zu sein, aber woher dieses Mikroplastik kommt, ist unklar. Forscher vermuten jedoch, dass bodennahe Meeresströmungen eine entscheidende Rolle für solche Hotspots der Kontamination stielen.

Deshalb haben Ian Kane von der University of Manchester und seine Kollegen nun ein Meeresgebiet zwischen Korsika und Italien näher untersucht. Dort, im Tyrrhenischen Meer, sind die Topografie des Meeresgrunds und die Strömungen in Bodennähe sehr gut bekannt. Zudem ist dieses Meeresgebiet repräsentativ für viele marine Umgebungen, wie die Forscher erklären. Für ihre Studie analysierten sie Proben von verschiedenen Stellen des Meeresgrunds.

1,9 Millionen Plastikpartikel pro Quadratmeter

Das Ergebnis: An einigen Stellen des Meeresgrunds fanden die Wissenschaftler selbst für sie überraschende Mengen an Mikroplastik: „Wir waren geschockt, wie hoch von uns gefundenen Konzentrationen im Meeresgrund waren“, sagt Kane. Teilweise zählten sie gut 190 Partikel pro 50 Gramm Sediment – das entspricht hochgerechnet einer Konzentration von 1,9 Millionen Plastikpartikeln pro Quadratmeter Meeresgrund.

„Diese Konzentrationen übertreffen die höchsten jemals gefundenen Werte, selbst diejenigen aus Tiefseegräben. Sie sind doppelt so hoch wie bisher in Untersee-Canyons gemessen“, berichten die Forscher. Doch wie Proben aus küstennahen Meeresbereichen ergaben, geht diese Anreicherung nicht auf einen besonders hohen Kunststoffeintrag vom Ufer zurück. Stattdessen scheint das Mikroplastik erst am Meeresgrund umverteilt zu werden.

Wege des PLastiks
Ein großer Teil des Mikroplastiks gelangt über Untersee-Canyons von der Küste bis in die Tiefsee und wird dort über bodennahe Strömungen weiter verteilt. © Ian Kane

Tiefenströmungen verteilen und konzentrieren das Plastik

„Wir haben festgestellt, dass das Mikroplastik nicht gleichmäßig im Studiengebiet verteilt ist. Stattdessen wird es von starken Tiefenströmungen an bestimmten Stellen konzentriert“, berichtet Kane. Dies sei das erste Mal, dass dieser Zusammenhang eindeutig belegt werden konnte. So wie diese bodennahen Strömungen Nährstoffe und sauerstoffreiches Wasser am Meeresgrund verteilen, transportieren sie auch Mikropartikel teilweise über große Entfernungen hinweg.

Damit wirken die Tiefenströmungen der Ozeane ähnlich wie die Strömungen an der Meeresoberfläche und statt der großen schwimmenden Müllstrudel erzeugen sie Hotspots der Mikroplastik-Verschmutzung am Meeresgrund. „Damit ist Plastik leider zu einem neuen Typ von Sedimentpartikel geworden, das gemeinsam mit Sand, Schlamm und Nährstoffen über den Meeresgrund verteilt wird“, erklärt Koautor Florian Pohl von der Durham University. (Science, 2020; doi: 10.1126/science.aba5899)

Quelle: University of Manchester

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