Verkehrt herum: Unter dem westlichen Mittelmeer haben Geologen eine „umgekippte“ Erdplatte aufgespürt – die Oberseite dieser in die Tiefe gedrückten Ozeanplatte zeigt nach unten. Diese Entdeckung könnte erklären, warum im Süden Spaniens immer wieder ungewöhnlich tiefe Erdbeben auftreten. Sie verrät aber auch, dass die Subduktionszonen in diesem Teil des Mittelmeeres einst aktiver waren als heute. Denn erst durch die Rückverlagerung dieser Plattengrenzen wurde die untergetauchte Ozeanplatte mitgezogen und umgekippt.
Das Mittelmeer ist geologisch höchst komplex. Unter ihm verläuft die Plattengrenze zwischen Europa und Asien und dies hat im Laufe der Erdgeschichte zu tiefgreifenden Veränderungen und einem komplizierten Puzzle von Plattenfragmenten, versunkenen Kontinentresten und Verwerfungen geführt. So fiel das Mittelmeer vor rund sechs Millionen Jahren komplett trocken, um dann in einer katastrophalen Sturzflut wieder vollzulaufen. Auch die bisher älteste Ozeankruste der Erde wurde unter dem Mittelmeer entdeckt.

Häufung tiefer Beben unter Südspanien
Jetzt kommt eine weitere Entdeckung dazu. Anstoß dafür war die Frage, warum im Süden Spaniens häufiger ungewöhnliche tiefe Erdbeben auftreten. „Allein unter Granada hat es seit 1954 fünf größere Erdbeben mit Herdtiefen von mehr als 600 Kilometern gegeben“, berichten Daoyuan Sun von der Universität Hefei und Meghan Miller von der Australian National University in Canberra. Diese tiefen Beben unter Südspanien haben zudem keine Nachbeben und zeigen eine auffallende Lücke der seismischen Aktivität im Bereich zwischen 150 und 600 Kilometer Tiefe.
Für ihre Studie haben Sun und sein Team seismische Daten eines dieser tiefen Erdbeben genauer analysiert. Dabei werteten sie Daten von Seismometer-Netzwerken in Spanien und in Marokko aus, die die Erschütterungen dieses im April 2010 unter Granada aufgetretenen Bebens der Magnitude 6,3 aufgezeichnet hatten. „Eigentlich wollten wir uns die einzelnen Wellenmuster nur näher anschauen, um mehr über dieses Beben zu lernen“, sagt Sun.