Giftiges Erbe: Jedes Jahr gelangen größere Mengen längst verbotener Umweltgifte über Asien in die Atmosphäre. Schuld daran ist der Monsun, wie eine Studie nun enthüllt. Denn er fördert die Freisetzung von DDT, PCB und anderen organischen Schadstoffe aus kontaminierten Böden an die Luft – und mit dem Wind werden diese Umweltgifte dann über ganz Indien verteilt, wie die Forscher ermittelten.
Chemikalien wie Dichlordiphenyl-Trichlorethan (DDT), Hexachlorcyclohexan (HCH) und polychlorierte Biphenyle (PCB) gehören zum „dreckigen Dutzend“ der langlebigen organischen Schadstoffe (POP). Der Einsatz dieser krebserregenden und hormonähnlich wirkenden Umweltgifte wurde schon in den 1980er Jahren verboten. Dennoch finden sich diese schwer abbaubaren Schadstoffe bis heute im arktischen Eis, im Sediment von Tiefseegräben und auch in Meeressäugern vor den Küsten Europas.
Monsun als Gift-Schleuder?
Eine weitere Quelle dieser giftigen Altlasten haben nun Forscher um Gerhard Lammel vom Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz ausfindig gemacht. Für ihre Studie hatten sie untersucht, wie sich die Schadstoffgehalte von Luft und Böden im Laufe der Monsun-Saison verändern. Dafür nahmen die Wissenschaftler Proben im Gebiet der Westghats, einem Gebirge im Westen Indiens, und in anderen Regionen des Subkontinents.
„Indien gilt als Hotspot für den Einsatz von DDT und HCH“, berichten die Forscher. Denn Pestizide mit diesen Inhaltsstoffen wurden bis zu deren Verbot in der indischen Landwirtschaft intensiv verwendet. Die ebenfalls giftigen polychlorierten Biphenyle (PCB)) und polybromierten Diphenylether (PBDE) wurden zudem in Südasien häufig als Flammschutzmittel eingesetzt. Entsprechend verbreitet ist die Kontamination der indischen Böden mit diesen Substanzen.
Monsun reaktiviert Schadstoffe
Jetzt zeigt sich: Der alljährliche Monsun sorgt dafür, dass in jedem Sommer Teile dieser Altlasten aus den Böden in die Luft gelangen. Persistente organische Schadstoffe, die vor Jahrzehnten in südasiatischen Böden gespeichert wurden, werden dadurch alljährlich durch den Monsun wieder freigesetzt, wie die Forscher feststellten.
„Die Ankunft des Sommermonsuns fördert die Ausdünstung der heute verbotenen Schadstoffe aus den Böden Südindiens“, berichten Lammel und seine Kollegen. Mit den aus dem Südwesten wehenden Monsunwinden werden diese Schadstoffe dann großräumig über dem Subkontinent verteilt. Je mehr sich der Monsun im Juni und Juli über Indien nach Norden und Osten ausbreitet, desto mehr verunreinigen die Chemikalien die Luft.
Erneute Höchstwerte bei PCB
Diese „Reaktivierung“ von giftigen Altlasten aus den Böden führt unter anderem dazu, dass heute – 40 Jahre nach dem Emissions-Peak der PCBs – wieder historische Höchstwerte der Kontamination mit diesem Umweltgift in Indien gemessen werden. Bei DDT und HCH scheint die Remobilisierung dagegen im Laufe der letzten Jahrzehnte leicht nachgelassen zu haben, wie die Forscher berichten.
„Sowohl die Feldmessungen als auch unsere Modellstudien zeigen einen bisher übersehenen Teil des Schadstoffkreislaufs auf dem indischen Subkontinent“, sagt Lammel. (Atmospheric Chemistry and Physics, 2018; doi: 10.5194/acp-18-11031-2018)
(Max-Planck-Institut für Chemie, 14.08.2018 – NPO)